Preußische Maaßregeln gegen Benedek's Marsch auf Wien. 265
großen Heerstraße nach Wien. Hier aber erhielten sie Befehl,
von der Straße hinweg sich nach Südosten zu wenden,
Lundenburg zu besetzen und bei Göding in das Marchthal
vorzudringen, womit dann die von Olmütz direct nach Wien
und Preßburg führenden Straßen verlegt wären.
Während diese Bewegungen sich entwickelten, traf der
französische Botschafter, Graf Benedetti, im preußischen Haupt-
quartier ein. Er war am 9. Juli von Berlin abgereist,
hatte dann in Böhmen, wo alle Straßen von marschirenden
Truppen, endlosen Reihen von Verwundeten und Gefangenen,
militärischen Transporten aller Art überfüllt waren, eine
langsame und beschwerliche Fahrt gehabt, dabei aber auch
eine deutliche Anschauung von der Qualität der preußischen
Soldaten gewonnen. Wahrhaftig, das sind keine Milizen,
sagte er nachher zu Bismarck, das sind echte Troupiers. In
der Nacht vom 11. auf den 12. langte er in Zwittau an,
erfragte Bismarck's Quartier, und trat völlig überraschend
bei ihm ein. Er fand ihn in einem öden, von den Besitzern
verlassenen Hause, bei spärlicher Beleuchtung am Schreibtisch,
einen Revolver neben dem Briefpapier. Bismarck empfing
ihn freundlich; die Vermittlung einmal angenommen, hatte
er, wie wir wissen, mehrmals die Sendung eines französischen
Bevollmächtigten begehrt. Er verbarg ihm freilich nicht die
Verstimmung, welche Napoleon's Auftreten am 5. Juli bei
dem Könige hervorgerufen, und sprach noch stärker sein Be-
dauern aus, als Bencdetti nur mit dem Verlangen rasches
Waffenstillstandes beauftragt, für die Friedensverhandlung
aber ohne Instruction zu sein erklärte. Benedetti predigte
Mäßigung, um nicht die neutralen Mächte zu thätiger Da-
zwischenkunft zu nöthigen; Bismarck blieb bei seinem Satze,