Kriegserklärung gegen Kurhessen. 29
wenn er ihm kein Handschreiben Sr. Majestät des Königs
vorzulegen habe. Nach einigen Stichelreden über Bismarck
erklärte er dann, daß der deutsche Bund unauflöslich und auf
ewig geschlossen sei; als Röder auf die Vortheile eines preußi-
schen Bündnisses und die mögliche Erwerbung des darm-
städtischen Oberhessen hinwies, nahm der Kurfürst eine tugend-
hafte Miene an: will meinen Darmstädter Brüdern nichts
nehmen, Armuth und Edelsinn besser, habe noch nie den Weg
Rechtens verlassen:e). Dann redete er von Osterreichs Macht,
von den 800000 Mann, die gegen Preußen in Bewegung
seien; er müsse Zeit für seine Entschließung haben, lasse sich
nicht die Pistole auf die Brust setzen, und verabschiedete end-
lich den Gesandten mit den Worten: ich muß Sie als Friedens-
brecher ansehen.
Von einer Mobilmachung konnte jetzt keine Rede mehr
sein, vielmehr erging im Laufe des Nachmittags an die in
Cassel und Umgegend stehenden Truppen der Befehl, „so
schnell wie möglich" über Fulda nach Hanau abzurücken, um
dem drohenden Einmarsch der Preußen zu entgehen. Die
Abführung des Staatsschatzes dorthin wurde durch den land-
ständischen Ausschuß verhindert. Der Thronerbe, Prinz
Friedrich Wilhelm, eben aus Berlin in Cassel erwartet, hatte
dem Kurfürsten sein Einverständniß gemeldet; der Kurfürst
telegraphirte darauf um Beistand nach Wien, und ließ dem
General Röder Abends um zehn Uhr sagen, daß er jede
Antwort auf die Sommation verweigere. Röder erklärte dem-
nach den Krieg. In der Morgenfrühe des 16. Juni brach
dann General Beyer von Wetzar über Gießen gegen Kur-
hessen auf, erreichte am 17. Kirchhain und traf am 19.,
) Welch' ein Hohn in diesem Munde, schrieb nachher Röder.