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bevorzugt wird, gehört in das Gebiet der nicht wenig zahlreichen
Erscheinungen, bei denen die historische Überlieferung stärker
ist als die nächstliegenden logischen Konsequenzen und die unbedingt
nötige Rücksichtnahme auf die vitalsten Bedürfnisse des Gegenstandes.
Die konfessionelle Schule, soweit sie mehr als eine historische
Maske ist, ist die Schule der Kirche. Kls Staatsschule gleicht sie einem
Soldaten, der in fremder Uniform seinen Dienst leistet und der des-
wegen über sein Untergebenenverhältnis sich im unklaren befindet.
In den Staaten mit starker Mischung der Bevölkerung — und mehr
oder weniger besteht diese Mischung heute im ganzen Deutschen
Reiche und schreitet ständig fort — ist die Nonfessionsschule freilich
nur eine Form ohne Inhalt.
Eine wirkliche Konfessionsschule ist eine Schule, in der Schüler
derselben Nonfession von einem dieser Konfession angehörigen Lehrer
im Geiste und vielleicht sogar nach den besonderen Dorschriften eben
dieser Konfession unterrichtet werden. Wie eine evangelische Kirchen=
gemeinde nicht Juden und Katholiken umfassen kann, so kann auch
in einer evangelischen Schule, falls sie tatsächlich das ist, was ihr
Name besagt, kein katholisches und jüdisches Kind Platz finden. Ist
es doch der Lall, so vergewaltigt man die Minderheit, treibt PDro-
selytenmacherei und vergeht sich an dem angeblich Unantastbaren
und beiligsten im Ninde und im Menschen, oder man begnügt sich
mit einer Lorm ohne Inhalt. Man pflegt in der von Nindern
verschiedener Konfessionen besuchten Nonfessionsschule entweder katho-
lischen Geist auch bei evangelischen Nindern oder umgekehrt evange-
lischen Geist auch bei katholischen und jüdischen Nindern, man arbeitet
im Interesse und Geiste einer Kirche, aber im Huftrage und auf Nosten
von Staat und Gemeinde, oder man leistet einfache menschliche
Kulturarbeit ohne konfessionelle Beimischung, trotz der katholischen,
eepangelischen oder jüdischen Jirma. Das letztere wird in der Draxis
am häufigsten der Lall sein, und zwar überall, wo der Lehrerstand
seine Kufgabe pädagogisch und nicht kirchlich auffaßt.
Das preußische Schulunterhaltungsgesetz vom 28. Juli 1906 gibt
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