Flandern — Mittelmeer 175
ordentliche Vollmachten. Die Marineinfanterie, welche aus zwei Ba-
taillonen drei Regimenter bildete, stellte trotz dieser starken Verdünnung
dank ihrer dreijährigen Dienstzeit vom ersten Tag ab eine Kerntruppe
dar. Die aus den verschiedenen Forts und Plätzen zusammengeholte
Matrosenartillerie sollte ihre Infanterieausbildung in der Nähe von
Brüssel nachholen, mußte aber infolge der kriegerischen Ereignisse im
September teilweise sofort aus der Bahn gegen die aus Antwerpen vor-
stoßende belgische Armee ins Feuer geschickt werden. Die Truppe stand
schon dabei ihren Mann, wie später bei der Eroberung Antwerpens und
in vierjährigem Stellungskampf. Das Marinekorps unter Admiral
v. Schröder machte die Seeflanke unserer Westfront mit der Zeit un-
angreifbar und baute die flandrischen Häfen mit Behelfsmitteln zu
brauchbaren Stützpunkten für den Torpedoboots- und Ubootskrieg aus.
Unsere dortigen Seestreitkräfte, obwohl ich leider nicht die Macht hatte,
sie durch vermehrte Zuteilung aus der Heimat so stark zu machen, wie
Admiral Schroeder und ich gewünscht hätten, blieben ein empfindlicher
Pfahl im Fleische Englands bis an den Herbst 1918 heran.
In den ersten Monaten des Krieges entwickelte sich ferner der öst-
liche Teil des Mittelmeeres zu einem Kriegstheater von steigender Be-
deutung.
Bereits am 3. August hatte ich, da Nachricht über den Abschluß eines
Bündnisses mit der Türkei eintraf, trotz Bedenken des Admiralstabs-
chefs für „Goeben“ und „Breslau“, unsere Mittelmeerdivision die
Anweisung erlangt, den Durchbruch nach Konstantinopel zu versuchen.
Am 5. August wurde dieser Befehl noch einmal zurückgenommen, weil
der Botschaft in Konstantinopel bei der dortigen Lage die Ankunft der
Schiffe um Augenblick noch nicht erwünscht schien. Die Schiffe erhielten
Anweisung, nach Pola zu gehen oder nach dem Atlantik durchzubrechen.
Zwischen Österreich, Italien und uns bestand vom Frieden her ein
Marineabkommen, nach welchem im Fall eines Krieges unsere gesamten
Seestreitkräfte in der Straße von Messina gegen den Zweibund ver-
einigt werden sollten. Den Oberbefehl über die Dreibundflotte sollte
der österreichische Admiral Haus führen auf italienischen Vorschlag;
ich lasse es dahingestellt, ob er je ernsthaft gemeint war. Der Kaiser
war besonders stolz auf unser Mittelmeergeschwader, während ich
das Fehlen besonders der „Goeben“ in der Nordsee bedauerte.
Als „Goeben“ und „Breslau“ nach erfolgreicher Beschießung algerischer