64 Aufstieg
schönen Tier ein Loch ins glänzende Fell zu schießen. Er erzählte von
seiner verstorbenen Frau, die seine Stütze gewesen wäre; die Tränen
traten ihm in die Augen; es war ergreifend, wie er seinen Zustand zu
schildern vermochte. Er erzählte auch von seinen englischen Beziehungen
und wie er im allgemeinen die Seeleute gern gehabt hätte, uns, die
blaue Couleur, aber nicht die Marinegeneräle...
Ich gab acht, daß ich ihm ich möchte sagen königliche Ehren erwies;
das lag auch so im Gefühl, daß man gar nicht anders konnte. Ich
stellte mich beim Aussteigen militärisch grüßend hin; vor dem Land-
haus hatten sich Menschen gesammelt und riefen Hurrah. Wir kamen
zum Abendessen; ich saß wieder neben Bismarck. Da muß ich noch
einen feinen, taktvollen Zug von ihm erzählen. Ich hätte gern eine
Photographie mit Unterschrift von ihm gehabt, wußte aber, wie unan-
genehm es berührt, wenn man darnach drängt, und hatte als Begleiter
des Prinzen Heinrich in Italien mit Ekel erlebt, wie da um die gegen-
seitigen Orden und Photographien gekämpft wurde. Es war mir ander-
seits doch leid gewesen, daß ich seinerzeit nicht gewagt hatte, an den
alten Moltke die Bitte um ein Andenken zu richten, als ich ihn unter
Stosch in Kiel über das Torpedowesen informieren und hierbei die
Abgeklärtheit seines reinen, großen Geistes spüren durfte. Bismarck
nun hat mir die Bitte erspart, indem er sich meines alten Vaters von
der Prima des Grauen Klosters her zu erinnern vorgab und mir sein
eignes Bild für meinen damals noch lebenden Vater einhändigte.
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Ich bin noch zweimal bei dem alten Herrn gewesen, das letztemal
im Gefolge des Kaisers, der sich nach der feierlichen Verabschiedung
des nach Tsingtau gehenden Prinzen Heinrich mit der ganzen Gesell-
schaft von Rendsburg aus etwas plötzlich in Friedrichsruh angesagt
hatte. Bismarck empfing den Kaiser im Rollstuhl an der bescheidenen
Eingangstüre des Landhauses. Wir gingen gleich zu Tisch, Bismarck
setzte sich mit fremder Unterstützung, war aber, nachdem er saß, wieder
ganz frisch. Ich hatte den Platz schräg gegenüber dem Fürsten, neben
dem der Kaiser saß, zu meiner Seite der spätere Generaloberst v. Moltke.
Der Fürst versuchte, politische Gespräche anzuspinnen, über unser Ver-
hältnis zu Frankreich usw. Zu meinem größten Bedauern ging der
Kaiser auf diese Gespräche nicht ein, sondern es wurde die an der kaiser-