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den Gesamtwillen zur Entstehung bringen oder bei seiner Schöpfung
mitthätig sein sollen. Das Volk der Demokratie z. B. kann die ihm zu-
stehende Staatsgewalt nicht immer selbst ausüben; es schaft sich
durch Wahlen die Organe, deren Wille den Willen aller Staatsbürger
zu ersetzen hat. In der konstitutionellen Monarchie ist das Volk zur Mit-
wirkung am Zustandekommen des Staatswillens berufen; unfähig, in
seiner Gesamtheit diese Anforderung zu erfüllen, organisirt es sich durch
die Wahl zu einem Repräsentativkörper. Ueberall bezweckt hier die
Wahl, dass der Gewählte in seinem Willen und in seinen Handlungen
in gewissem Umfange seine Wähler oder besser den Kreis von Per-
sonen, der durch die Wahl sich irgendwie organisirt, zwar nicht
vertritt, aber ersetzt: im deutschen Reichstage z. B. soll das gesamte
deutsche Volk wollen und handeln. Der Zweck jeder solchen Wahl
ist also Repräsentation; darum muss auch hier im Prinzip der Ge-
wählte stets ein Glied der Menge sein, die ihn wählte, der Volks-
vertreter soll auch Volksgenosse sein. Anders verhält es sich mit der
Wahl eines Monarchen.!) Bei ihr bezeichnen die Wähler nicht ein
Organ, das in seinen Funktionen die ideell der gesamten Wähler-
schaft zustehenden Funktionen üben, nicht ein Organ, das repräsentiren
soll. Sie bezeichnen ein Subjekt, dessen Wille zu dem ihrigen in einem
ganz anderen Verhältnisse stehen, dessen Wille weder von dem ihrigen
abhängig sein, noch ihn ersetzen, dessen Wille den ihrigen vielmehr
beherrschen wird. Sie übertragen auch weder die Ausübung einer
Gewalt, noch eine Gewalt selbst auf ein neues Subjekt; denn die
Gewalt, die dem Gewählten zustehen wird, steht ihnen selbst nicht
zu.?) Nicht Ermöglichung der Repräsentation ist Zweck dieser Wahl,
sondern Bezeichnung eines Willens, der an die Stelle eines weg-
gefallenen, zu dem Willen der Wähler in keiner unmittelbaren Ver-
bindung stehenden Willens treten soll. Daraus erklärt es sich, dass
hier der Gewählte nicht nothwendig Mitglied des Wählerkreises zu
sein braucht, ja dass es möglich ist, dass das Recht die Wahl
eines Volksgenossen, wie das Beispiel der rumänischen Verfassung
(a. 84) zeigt, geradezu ausschliesst.
In dem eben entwickelten Sinne, also im Gegensatze zu anderen
Wahlen sind die Wahlen des neuen Monarchen im Erbreiche und
im Wablreiche einander gleich ; hier wie dort bestimmen die Wähler das
1) Das Folgende gilt wesentlich für die Wahl von Oberhäuptern herrschafts-
fähiger Körperschaften überhaupt.
2) „Ganz zu abstrahiren ist aber von der Idee, dass die Wähler die ursprüng-
lichen Souveräne seien.“ ZACHARIAE, Deutsches Ytaats- und Bundesrecht I. S. :9.
TrıxpEL, Intorregnun. 8