Full text: Das Interregnum.

— 10 — 
1. Keiner näheren Ausführung und keines Beweises bedarf dies 
für die bekannten Fälle des Eintritts einer Regentschaft wegen Minder- 
jährigkeit, Abwesenheit oder Krankheit des Staatsherrschers.'!) 
2. Eine Reihe, namentlich deutscher Verfassungen legt bei dem 
Antritte der Regierung Seitens des zur Thronsuccession Gelangten 
diesem die Pflicht auf, in Form des Eides oder anderer besonders 
feierlicher Versicherung das Versprechen abzugeben, nach der Ver- 
fassung und den Gesetzen des Landes regieren zu wollen.?) Es ist 
die Frage aufgeworfen worden, ob die Nichterfüllung dieser Pflicht 
ein Interregnum zur Folge haben, ob also der nicht erfüllende Thron- 
folger vor der Erfüllung nicht Monarch sein würde. Diese Frage ist 
für das heutige Staatsrecht?) unbedingt zu verneinen.!) Das braucht 
kaum gesagt zu werden in Beziehung auf diejenigen Staaten, deren 
Verfassungen über die Rechtsfolgen solcher Unterlassung keine Be- 
stimmungen enthalten) oder höchstens aus sich folgern lassen, dass 
vor der Abgabe einer solchen feierlichen Erklärung die Unterthanen 
zu einer feierlichen Huldigung nicht verpflichtet sind®); aber auch 
da, wo ausdrücklich, wie jetzt in Belgien (VU.a.79, Abs. 3, vgl. 2.80), 
in Oldenburg (VU. a. 197, $ 3), Coburg-Gotha (VU. 8159), Dänemark 
(VU.a.7) und früher in Schwarzburg-Sondershausen (Verf. v. 1849, 
$55. al. 3, aufgehoben durch Gesetz vom 2. Aug. 1852: $13.) der 
Thronfolger bis zur Abgabe des Verfassungsgelöbnisses Regierungs- 
handlungen nicht vornehmen darf, kann von einem Interregnum 
vom Wegfalle des bisherigen Throninhabers bis zur geforderten Ver- 
sicherung nicht die Rede sein, denn das würde dem für die moderne 
Erbmonarchie geltenden Prinzip der Unmittelbarkeit der Thronfolge 
durehaus widersprechen, „der Regierungseid ist keine Bedingung des 
Thronerwerbes.“°) Lediglich an der Ausübung der Staatsgewalt 
. 1) Man hat jedoch auch für diese Thatbestände die Bezeichnung Interregnum 
verwerthet: SCHEIDENANTEL, Repertorium II. S. 529; ZacHARIAE, I. S. 399. 
2) Vgl. die Verfassungsurkunden von Preussen a. 54, Bayern tit. X. $1, 
Sachsen $ 138, Württemberg $ 10, Hessen a. 106, Weimar $ 67, Oldenburg a. 197, 
Braunschweig $4, Meiningen $ 107, Coburg-Gotha a. 157 fi., Rudolstadt $ 47, Sonders- 
hausen & 18, Waldeck $ 17, Reussä&. L. $ 87, Reussj. L. $ 103. 
3) Ueber ältere Bestimmungen s. ZACHARIAE, ]. S. 299 not. 4. 
4) Richtig ZacHaRrıaE, I. S. 301 ff. Die Möglichkeit eines Interregnums be- 
hauptet ZoEPprL, ]. S. 746 not. 7. 
5) Siehe für Preussen BoßnHaK, Preuss. Staatsrecht, I. S. 183ff. und die 
Litteratur bei v. RoEnne, Staatsrecht der Preuss. Monarcbie (4. Aufl.) II. S. 341 ff. 
6) ZACHARIAE. 1. 5. 301. 
1) Siche hierzu Weıss, Hess. Staatsrecht, I. S. 218; Pözu, Lehrbuch des 
bayr. Verfassungsrechts, $ 144 n. 2; ScauLze, Deutsches Staatsrecht I. $ 106.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.