Full text: Das Interregnum.

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näher einzugehen die Rücksicht auf das Interregnum gebot, dessen 
Bedeutung mit jenem Fortschritt gleichen Schritt hält, in der Haupt- 
sache nicht angezweifelt, so gehört bekanntlich andrerseits die Frage 
nach der rechtlichen Natur des ehemaligen Reichs in Beziehung auf 
die Zuständigkeit der Reichsgewalt zu den umstrittensten der. ganzen 
älteren Litteratur; auch heute noch sind über diesen Punkt die An- 
sichten sehr getheilt. Es ist hier nicht der Platz, auf diesen Kampf 
der Meinungen näher einzugehen; es ist aber nothwendig, an dieser 
Stelle der Abhandlung mit allem Nachdrucke die monarchische 
Form des Reichs gegenüber der Behauptung hervorzuheben, dass das 
Reich eine Aristokratie im reinen Sinne des Wortes gewesen sei.') 
Wäre das richtig, so könnte allerdings nach dem oben ($ 2) Ent- 
wiokelten von einem Interregnum in dem von uns angenommenen 
Sinne im Reiche nicht gesprochen werden. Jene Behauptung ist 
aber nicht richtig. Will man mit ihr nichts sagen, als dass die Reichs- 
verfassung politisch mit aristokratischen Elementen versetzt gewesen 
sei, so lässt sich nichts dagegen einwenden. Aber das bedeutet noch 
nicht, dass der Rechtscharakter der Verfassung ein aristokratischer 
gewesen ist. ‘Eine Verfassung hört darum nicht auf, monarchisch zu 
sein, weil sie republikanische oder aristokratische Elemente enthält, 
denn ganz schablonenmässig zugeschnittene Verfassungen finden sich 
nur in den Büchern idealer Schwärmer, aber nicht im Leben der Völker. 
Rechtlich war aber die Reichsgewalt in ihrer Totalität vereinigt 
in der Person des Königs und Kaisers. An dieser Thatsache ändert 
nichts, dass in der Ausübung dieser Gewalt der König durch die 
ständische Organisation des Reiches um so beschränkter wurde, als 
den Reichsständen selber eine eigene territoriale Staatsgewalt erwuchs. 
Aber wenn wir diese Entwicklung selbst bis zu der Zeit verfolgen, 
in der an einer staatenstaatlichen Struktur des Reichsgebäudes nicht 
mehr gezweifelt werden kann, so hat doch auch diese Herausarbeitung 
ursprünglich untergeordneter Reichsunterthanen zu Subjekten einer 
eigenen Gewalt nicht bewirkt, dass diese neuen Gewalten nicht der 
obersten, im König concentrirten Reichsgewalt prinzipiell rechtlich 
subordinirt gewesen wären. Ob die politischen Verhältnisse sich zeit- 
weilig und schliesslich überhaupt in Disharmonie mit dem Rechte 
setzten, ist eine andere Frage; dass es geschah, dass sich „reale 
Macht und theoretisches Recht“ in Widerspruch setzten, wirkte eben 
die Zerbröckelung des morschen Reichsgebäudes. Rechtlich war 
1) S. z. B. BLuntscati, im Staatswörterbuch s. v. „Aristokratie“. Ueber ältere 
Theorien s. Stintzıng, Geschichte der deutsch. Rechtswissensch. Il. 8. 35 ff. 
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