jenes Recht ist vielen Staatsgliedern eigen; aber Herrscher ist
'kein anderes als der Monarch. Die Willensbildung des Staates
ist unabhängig von seiner Willensherrschaft. Die Staatsorgane
schaffen durch die Staatswillensbildung einen Willen, der ihnen
schlechthin übergeordnet wird, der Monarch einen Willen, der den
seinen wohl binden, aber nicht beherrschen kann.!)
IIL Ziehen wir nun aus dem Gesagten die Folgerungen für das
Interregnum. Steht es fest, dass dem Staate reale Existenz nur durch
die ihm beiwohnende Rechtssubjektivität zukommt, dass er Rechts-
person aber nur ist, weil und insoweit er Träger eines eigenen
Willens ist, so ist sein Untergang als Rechtswesen nothwendig
dann und nur dann, wenn er der Fähigkeit, einen Willen zur Er-
scheinung zu bringen, mangels der dazu fähigen Individualexistenzen
beraubt ist. An diesen letzteren felılt es nun aber im Interregnum
keineswegs. Denn alle Organe des Staates, die neben und unter
dem Monarchen an der Produktion des Staatswillens mitthätig waren,
sind auch im Interregnum vorhanden, nur der Monarch selbst ist
verschwunden. Wie wenig aber dieser Verlust die Integrität des
Staates verletzt, erkennt man am besten, wenn man bedenkt, dass
es auch beim Vorhandensein des Fürsten Zeiten giebt, in denen er
so gut wie nicht vorhanden ist; die Regentschaft für den regie-
rungsunfähigen Monarchen setzt ja diesen als Willensfaktor ebenfalls
vollständig bei Seite. Die den Staat bildende Personengesamtheit
ist also zur Bildung und Ausserung eines einheitlichen Gesamt-
willens auch dann befähigt, wenn sie des Monarchen ermangelt, so-
bald sie nur Organe besitzt, deren Wille den Gesamtwillen hervor-
zubringen geeignet und berufen ist.2) Mag der ersatzlose Verlust
des Monarchen eine tiefsreifende Veränderung des staatlichen Lebens,
1) Die Lehre, dass der Monarch nur ein eigenes Recht auf Organschaft,
auf die oberste Organschaft im Staate habe, wird der eigenthümlichen Stellung
des Herrschers nicht gerecht. Vgl. die oben S. 65 genannten Schriftsteller
und JELLINEK, System der öffentl. Rechte S. 140f. Nach ihm erschöpft sich
das Recht des Trägers der Krone in dem „Grundanspruch auf Anerkennung
seiner physischen Individualität als Trägers der obersten Organschaft des Staates“;
das bedeutet einen erhöhten „Gesamtstatus* des Monarchen. Daraus folgt dann
seine Exemtion von jeder staatlichen Zwangsgewalt. Gerade das Letztere aber
ist das Kriterium der Monarchenstellung, während er Organ, wie oben ausgeführt,
überhaupt nicht ist.
2) „Es ist für den Staat nur wesentlich, dass ein Organ vorhanden sei,
dessen Wille sein Wille ist, aber gleichgiltig, wie dasselbe beschaffen sei.“ JELLINEK,
Lehre von den Staatenverbindungen S. 26.