266. Dr. Martin Luther. 319
widerrufen wollte, was er gelehrt hatte, zum Feuertode
verurtheilt. Als Huß sich u das kaiserliche „freie Geleit“
berief, entgegnete man ihm, daß einem Ketzer gegenüber der
Kaiser nicht Wort zu halten brauche. Huß bestieg den
Scheiterhaufen und fand in den Flammen betend seinen Tod
an seinem Geburtstage im Jahre 1415. Seine Asche streute
man in den Rhein. „Jetzt bratet ihr eine Gans (Huß), aber
nach hundert Jahren wird aus meiner Asche ein Schwan
aufsteigen, den werdet ihr nicht übermögen“ — soll der weise
und fromme Mann vor seinem Tode weissagend ausgerufen
haben. Ein Jahr darauf wurde zu Konstanz auch Hussens
Freund, Hieronymus von Prag, verbrannt.
Als man die Anhänger dieser Männer mit den Waffen
überwältigen wollte, brach der schreckliche Hussitenkrieg
aus, der 16 Jahre deutsche Länder verheerte und nur da-
durch zu Ende gebracht a#rde, daß der Papst den Hussiten
den Kelch im hl. Abendmahle zugestand. (Ziska.)
Zu den Lehrsätzen Hussens bekannte sich die Gemeinde
der bbhmischen Brüder, die nach dem Vorbilde der
apostolischen Gemeinde zu leben suchte und sich unter mancherlei
Anfechtungen aufrecht erhalten hat. In Deutschland wurde
indes das Verlangen nach einer „Reformation der
Kirche an Haupt und Gliedern“ immer dringender
und allgemeiner.
266. Dr. Martin Luther.
Am 10. November 1483 wurde einem armen, biedern
Bergmanne, Hans Luther, aus dem Dorfe Möra bei
Eisenach, zu Eisleben ein Söhnlein geboren, dem er am
folgenden Martinstage in der hl. Taufe den Namen
Martin gab. Er und seine Frau Margarethe, ge-
borne Lindemann, erzogen den Knaben nach ihrem
Stande einfach, dabei streng in der Zucht und Vor-
mahnung zum Herrn. Hans Luther 2zog später nach
Mansfeld, und dort erhielt der Kuabe seinen ersten Unter-
richt. Der Vater hielt ihn fleilsig zur Schule an und
trug den kleinen Martin bei ungünstigem Wetter oft auf
seinen Armen dahin. Dieser zeigte bald einen scharfen
Verstand und rechten Eifer zum Lernen, so dass der
Vater sich entschloss, einen Gelehrten aus ihm zu machen.