Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

271. Luther in seinem häuslichen Leben und im Sterben. 331 
ich dir nicht lassen, aber einen reichen Gott will ich 
dir lassen, der dich nicht verlassen wird; bis (sei) nur 
fromm, da helfe dir Gott zul Amen.“ 
Seine überaus grosse Zärtlichkeit gegen seine Kinder 
hinderte ihn jedoch nicht, sie in guter Zucht zu halten. 
Als sein zwölfjähriger Schn sich eines Vergehens schuldig 
gemacht hatte, liels er ihn drei Tage lang nicht vor 
sich und nahm ihn nicht eher wieder zu Gnaden an, 
als bis er ihm schrieb, sich demüthigte. und Abbitte 
that. Bei dieser Gelegenheit, als die Mutter und Dr. Jonas 
für ihn baten, sprach Luther: „Ich wollt’ lieber einen 
todten, denn einen ungezogenen Sohn haben.“ 
Im Jahre 1542 erkrankte seine inniggeliebte, vier- 
zehnjährige Tochter Magdalena. Die Krankheit liels sich 
sehr schlimm an; Luther wich kaum noch vom Bette 
der Tochter. „Ich habe sie sehr lieb,“ seufzte er; „aber, 
lieber Gott, da es dein Wille ist, da du sie dahin nehmen 
willst, so will ich sie gern bei dir wissen.“ Darauf 
wandte er sich zur Kranken: „Magdalenchen, mein Töch- 
terlein, du bliebest gern hier bei deinem Vater und 
ziehest auch gern zu jenem Vater?“ Sie antwortete: 
„Ja, Herzensvater, wie Gott will.“ Da sagte Luther: 
„Du liebes Töchterlein, der Geist ist willig, aber das 
Fleisch ist schwach,“ und wandte sich um und sprach: 
„Ich hab’ sie ja sehr lieb.“ 
Als Magdalenchen in den letzten Zügen lag, fiel der 
Vater vor dem Bette auf seine Kniee, weinte bitterlich 
und betete, dass sie Gott erlösen wolle. Da verschied 
sie und entschlief in ihres Vaters Händen. Und als 
sie nun im Sarge ruhte, sprach er: „Du liebes Lenchen, 
wie wohl ist dir geschehen! Du wirst wieder auferstehen 
und leuchten wie ein Stern, ja wie die Sonne.“ 
Am 23. Januar 1546 trat Luther eine Reise nach 
Eisleben an. Dort erkrankte er; am 15. Februar fühlte 
er sein Ende herannahen, nachdem er kurz vorher mit 
seinen Freunden viel vom Tode, vom ewigen Leben und 
vom Wiedersehen im Himmel gesprochen hatte. Abends 
zehn Uhr legte er sich zu Bett mit den Worten: „In 
deine Hände befehl ich meinen Geist, du hast mich er- 
16set, Herr du treuer Gott!“ Nach Mitternacht stand 
er wieder mit diesen Worten auf, klagte sehr über 
Schmerzen in der Brust, betete und sagte: „Lieber Gott,
	        
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