Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

332 271. Luther in seinem häuslichen Leben und im Sterben. 
wie ist mir's so wehe! Ich fabre dabin, ich werde wohl 
hier zu Eisleben, wo ich geboren und getauft bin, bleiben.“ 
Da sprach Dr. Jonas: „Ehrwürdiger Vater, Gott wird 
Gnade verleihen, dass es wird besser werden.“ Er ant- 
wortete: „Ich werde meinen Geist aufgeben; denn die 
Krankheit mehrt sich.“ Darauf fing er an zu beten: 
„O mein bimmlischer Vater, ein Gott und Vater unsers 
Herrn Jesu Christi, du Gott alles Trostes, ich danke 
dir, dass du mir deinen Sohn Jesum Christum offen- 
baret hast, an den ich glaube, den ich gepredigt und 
bekannt, den ich geliebt und gelobt habe, welchen alle 
Cottlosen lüstern und verfolgen! leh bitte dich, Herr 
Jesu Christe, lass dir meine Seele befohlen sein, und ob 
ich schon diesen Leib lassen und aus diesem Leben hin- 
weggerissen werden muss, so weils ich doch gewiss, dass 
ich bei dir ewiglich bleiben soll, und aus deiner Gnade 
mich Niemand reilsen kann.“ Nachdem er Arznei einge- 
nommen hatte, sprach er dreimal sehr eilend auf einander 
lateinisch: „Vater, in deine Hände beschl’ ich meinen 
Geist; du hast mich erlöset, du treuer Gott!“ Da er 
nun still ward, riefen Dr. Jonas und M. Celius ihm 
stark zu: „Ehrwürdiger Vater, wollet ihr auf Christum 
und auf die Lehre, wie ihr sie gepredigt habt, bestündig 
sterben?“ Darauf sprach er, dass man es deutlich hören 
konnte: „Ja“, wendete sich auf die rechte Seite, faltete 
die Hände zum Gebete und gab bald darauf mit einem 
tiefen, doch sanften Athemzug seinen Geist auf, Donners- 
tag den 18. Februar 1546, morgens um 2 Uhr, — in 
einem Alter von 62 Jahren 3 Monaten und 8 Tagen. 
Sein Freund Melanchthon hielt ihm die Leichenrede. 
Sein Leichnam ruht in der Schlosskirche zu Wittenberg. 
Meine Seele sterbe den Tod dieses Gerechten, und 
mein Ende sei wie Dieses Ende! (4. Mos. 23, 10.) 
1. Wenige Wochen nach dem Tode Luthers brach der schmalkal- 
dische Krieg aus, in welchem nach der unglücklichen Schlacht bei 
Mühlberg (1547) die Häupter des schmalkaldischen (evangel.) 
Bundes, Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und Landgraf 
Philipp von Hessen in die Gefangenschaft des Kaisers geriethen. 
Johann Friedrich musste sogar sein Land an seinen Vetter Moritz 
abtreten, der zu seinem Falle vieles beigetragen hatte. Allein 
die evangelische Kirche vermochte der Kaiser nicht zu überwäl- 
tigen. Derselbe Moritz, der ihm zum Siege verholten hatte, 
demüthigte ihn. Der Augsburger Religionsfriede, 26. Sept.
	        
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