336 275. Der dreißigjährige Krieg und Gustav Adolf.
an vielen Orten verwilderte das Volk auf eine schreck-
liche Weise. Auch die Franzosen mischten sich in den
Krieg, um für sich Vortheil zu ziehen. Zuletzt musste
der Kaiser im westfälischen Frieden den Evan-
gelischen freie Religionsübung zugestehen.
In diesem Kriege ist auf protestantischer Seite kein
grölserer Held aufgetreten uls Gustav Adolf, der
Schwedenkönig. Schon waren die Evangelischen den
Katholiken völlig erlegen, und ganz Norddeutschland
schien der Knechtschaft preisgzegeben, da landete im
Sommer des Jahres 1630 Gusta' Adolf mit 15.000 Mann
in Pommern, um seinen betdlrängten Glaubensgenossen
beizustehen. Aber wie klein war dieses Heer gegenüber
der Kriegsmacht des deutschen Kaisers! Der kriegs-
kundige Tilly freilich meinte: „Der König von Schwecen
besitzt Klugheit und Tapferkeit und ist ein Feind, der
den Krieg zu führen weils. Sein Heer ist ein Ganzes,
das er wie sein Ross mit dem Zügel regiert.“ Gustav
war auch unstreitig der erste Kriegsheld seiner Zeit.
ein Feldherr, wie Jahrhunderte vorher keiner aufge-
standen. In seinem Heere herrschte die trefflichste
Mannszucht. Er wachte mit eben der Sorgfalt über
die Sitten der Soldaten, wie über ihre Tapferkeit.
Jedes Regiment musste zum Morgen- und Abendgebet
einen Kreis um den Feldprediger schlielsen und unter
freiem Himmel seine Andacht halten. Fluchen, Spielen.
Rauben war strenge verboten. In allen Tugenden ging
Gustav den Seinigen als Muster voran. Seine lebendige
Gottesfurcht gab ihm in den schwierigsten Lagen Muth
und Besonnenheit, und seine Soldaten waren von dem
festen Vertrauen erfüllt, dass sie unter einem so frommen
und tapferen König siegen müssten.
Als Gustav den deutschen Boden betrat, fiel er im
Angesicht seines ganzen Heeres auf die Kniee. dankte
Gott mit lauter Stimme für die glückliche Ueberfahrt
und flehte um seinen ferneren Segen. Den umstehenden
Offizieren kamen vor Rührung die Thränen in die Augen.
„Weinet nicht, meine Freunde,“ sprach der Kögnig.
„sondern betet! Je mehr Betens, desto mehr Sieges.
Fleilsig gebetet ist halb gesiegt.“ Und siehe, bald
wichen die Kaiserlichen vor den tapferen Schweden