Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

338 275. Der dreißigjährige Krieg und Gustav Adolf. 
der die Stolzen demüthigt, sie und mich empfinden lassen, 
dass ich nichts bin als ein schwacher, sterblicher 
Mensch!“ 
Bei dem Städtchen Lützen, nicht weit von Leipzig. 
erreichte der König Wallensteins Heer. An einem kalten 
Herbstmorgen, 16. November 1632, während dichter Nebel 
die Gegend bedeckte, bereiteten sich die Schweden zur 
Schlacht. Der König sinkt betend auf die Kniee, mit 
ihm sein ganzes Heer. Begleitet von Pauken- und 
Trompetenschall erbraust der Gesang: „Ein' feste Burg 
ist unser Gott.“ Gegen Mittag bricht die Sonne durch 
die Nebelhülle. Da schwingt sich der König auf sein 
Streitross und ruft: „Nun wollen wir dran! Das walt’ 
der liebe Gott! Jesu, Jesu! hilf mir heute streiten zu 
deines Namens Ehre!“ Und mit dem Feldgeschrei: 
„Gott mit uns!“ stürmen die Schweden gegen die Wallen- 
stein'schen an. Es entsteht ein verzweifelter Kampf; hin 
und her schwankt der Sieg. Endlich dringt der schwe- 
dische rechte Flügel, von Gustav selbst geführt, siegreich 
durch und jagt die Feinde fliehend vor sich her. Da 
erfährt der König, sein linker Flügel wanke. Mit Blitzes-- 
schnelle eilt er dorthin; nur wenige können ihm folgen. 
Sein kurzes Gesicht bringt ihn zu nahe an den Feind; 
er erhält einen Schuss in den Arm, gleich darauf einen 
zweiten in den Rücken. Mit dem Seufzer: „Mein Gott, 
mein Gott!“ sinkt er vom Pferde. Und über den Ge- 
fallenen stürmen die schnaubenden Kriegsrosse hinweg 
und zertreten mit ihren Hufen den königlichen Leichnam. 
Des Königs Tod erfüllt die Schweden mit glühendem 
Rachedurst. Gleich grimmigen Löwen stürzen sie sich auf 
die Feinde und werfen alles vor sich nieder. Nichts 
hilft es den Kaiserlichen, dass der kühne Reitergeneral 
Pappenheim ihnen frische Truppen zuführt. Er 
selber fällt, von schwedischen Kugeln durchbohrt, und 
der Sieg ist errungen. Mit dem Rufe: „Der Pappen- 
heimer ist todt, die Schweden kommen über uns!“ er- 
greifen die Kaiserlichen die Flucht. Aber der Verlust 
ihres Heldenkönigs raubte auch den Schweden die Sieges- 
freude. Erst am andern Tage fanden sie seinen Leich- 
nam, der Kleider beraubt, bedeckt mit Blut und vielen 
Wunden. Er wurde nach Schweden gebracht und zu 
Stockholm in der königlichen Gruft bestattet.
	        
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