Königreich Sachsen. 7
eine ausreichende Stütze fand, willig nach und legte bereits im Jahre 1872
dem Landtage drei Gesetzentwürfe vor, nämlich eine Revidierte Städte—
ordnung, eine Revidierte Landgemeindeordnung und eine Städteordnung
für mittlere und kleine Städte, welche nach Vornahme verschiedener Ab—
änderungen die Genehmigung beider Kammern der Ständeversammlung
fanden und — insgesamt vom 24. April 1873 datiert 1 — am 15. Oktober
18742 in Kraft traten 3.
Sowohl die RSt. als auch die RoLG0. stellen sich, wie schon die
Namen bekunden, lediglich als Fortbildungen der bisherigen Gemeinde-
ordnungen dar und tragen namentlich der Fortentwicklung der Selbst-
verwaltung, der Erweiterung des Selbstbestimmungsrechtes der politischen
Gemeinden ausgiebig Rechnung. Die neu hinzugetretene Ordnung für
mittlere und kleine Städte baut deren Verfassung nicht dem bisherigen Zu-
stande entsprechend in Anlehnung an die Landgemeindeordnung, sondern
grundsätzlich auf den Bestimmungen der RStO. auf, was gleich in Art. J
der Kl St O. durch die Bestimmung zum Ausdruck gebracht wird, daß auf
die mittleren und kleinen Städte die RStO. „zwar gleichfalls, jedoch mit
nachstehenden Beschränkungen Anwendung zu leiden“ habe.
Die durch die oben bezeichneten (vom nachmaligen Geheimen Rat
Schmaltz entworfenen) Gesetze bewirkte Weiterbildung der sächsischen Gemeinde-
verfassungen kann unbedenklich als ein Meisterstück vorsichtiger und um-
sichtiger Gesetzgebung bezeichnet werden, was, soviel die Städteordnungen
anlangt, sich nicht nur aus der folgenden Darstellung ergeben dürfte, sondern
auch aus dem Umstande erhellt, daß trotz der Schnelllebigkeit unserer Zeit und
trotz der vielfachen Umwälzungen und Neubildungen, welche die letzt-
vergangenen dreißig Jahre auf fast allen Gebieten des Rechts gebracht
haben, die RSt O. nur drei, übrigens nur geringsügige, die Grundlagen des
Baues schlechterdings nicht berührende Anderungen erfahren hat, nämlich
durch die Gesetze vom 23. März 1880 (47)4, vom 21. März 1902 (103), und
vom 25. Februar 1904 (108), während die Kl St O. nur eine Ergänzung erfahren
hat durch das die Pensionsberechtigung der berufsmäßigen Gemeindebeamten be-
1 Gesetz= und Verordnungsblatt, S. 295 ff.
2 V. v. 20. August 1874 § 1 (Gesetz= und Verordnungsblatt S. 113).
3 Im folgenden wird die Neridierte Städteordnung mit RStO., die Städte-
ordnung für mittlere und kleine Städte mit KlStO. und die Revidierte Landgemeinde
ordnung mit RLGO. bezeichnet werden.
4 Die im folgenden der Anführung von Gesetzen in Klammern beigefügten
Zisfern verweisen auf die Seiten des Reichsgesetzblattes oder des Sächs. Gesetz-
und Verordnungsblattes.