Full text: Verfassung und Verwaltungsorganisation der Städte Königreich Sachsen (Vierter Band Erstes Heft)

136 Ludwig-Wolf. 
Wer die Stimmberechtigung oder Wählbarkeit verliert oder dieselbe 
schon zur Zeit der Wahl nicht mehr besessen hat, hat auszuscheiden; im 
Falle des Wechsels in bezug auf Ansässigkeit oder Unansässigkeit aber nur dann, 
wenn dadurch das schon oben berührte Quotalverhältnis der Ansässigen 
und Unansässigen gestört wird. Tritt während der Amtierung des Ge— 
wählten eine vorläufige Enthebung (Suspension) von öffentlichen Ämtern 
oder der Fall ein, daß gegen ihn wegen eines mit Entziehung der Ehren- 
rechte bedrohten oder eventuell verbundenen Verbrechens oder Vergehens die 
Untersuchung bez. Voruntersuchung oder das Hauptverfahren eröffnet oder 
richterlicher Haftbefehl erlassen worden ist, so ruht die Ausübung des 
Amtes während der Dauer der vorläufigen Enthebung (Suspension) be- 
ziehentlich bis nach Beendigung des Strafverfahrens. 
Die Vorbereitung und Leitung der Wahl steht dem Stadt- 
rate bez. einem durch Ortsgesetz dafür bestellten Ausschusse zu, der jedoch 
mindestens zwei bis drei Wahlgehilfen zuzuziehen hat, welche die Stadt- 
verordneten aus ihrer Mitte oder aus den Kreisen der Bürger zu ernennen 
haben. Für die Wahlen sind Listen der Stimmberechtigten und Wählbaren 
aufzustellen, die vor der Wahl den Stadtverordneten mitzuteilen sind und 
mindestens 14 Tage lang zur Einsichtnahme öffentlich ausgelegt werden 
müssen. Bis zum Ende des siebenten Tages können Einwendungen gegen 
die Liste vorgebracht werden, über welche der Stadtrat Entschließung zu 
fassen hat. Gegen diese ist der Rekurs an die Aufsichtsbehörde gegeben. 
Nach Ablauf der vorbemerkten 14 Tage ist die Wahlliste zu schließen und 
dürfen nur die in derselben Eingetragenen an der Wahl teilnehmen. Die 
Wahl selbst ist unter Angabe der Zeit und des Ortes der Abstimmung 
mindestens sieben Tage vorher öffentlich bekanntzumachen. 
Sind dies im großen und ganzen die für alle Städte mit revidierter 
Städteordnung vorgeschriebenen allgemein gesetzlichen Bestimmungen, so ist 
über die weitere Ausgestaltung des Wahlverfahrens selbst den 
Gemeinden freiere Hand gelassen, dieselbe im Wege des Ortsgesetzes zu 
ordnen, wie es ihren Verhältnissen am besten entspricht. Von dieser Er- 
mäßigung haben die städtischen Kollegien Leipzigs im Jahre 1894 in 
folgender Weise Gebrauch gemacht: 
Bis zu dem angegebenen Jahre besaß Leipzig für die Stadtverordneten- 
wahl ein Wahlrecht, welches — soweit nicht die Zahl der Wähler durch 
die Vorschriften über die Gewinnung des Bürgerrechts eingeschränkt wurde — 
sich mit dem Reichstagswahlrechte deckte. Der Wert dieser „Errungenschaft" 
wurde jedoch von dem Zeitpunkte ab sehr fraglich, wo die sozialdemokratische 
Partei es sich zur Aufgabe machte, auf die städtische Verwaltung in ihrem
	        
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