156 Ludwig-Wolf.
(selbst in den dem Buchhandel dienenden Druckereien und Buchbindereien)
beschäftigten Bevölkerungselemente ihren Aufenthalt und Unterkommen bis
auf wenige in der Stadt selbst. Die umliegenden Ortschaften hatten sich
bis in diese Zeit durchaus ihren ländlichen Charakter bewahrt und fanden
in der Stadt guten Absatz für ihre Erzeugnisse. Das änderte sich in dem—
selben Maße, als in Leipzig die Industrie erstarkte. Bereits Ende der
siebziger Jahre beginnt sich das Stadtweichbild als für den Bedarf zu eng
zu erweisen; industrielle Etablissements fangen an, sich in den anliegenden
Vororten anzusiedeln und führen denselben damit nicht nur die die Schul-
lasten usw. vergrößernden Arbeitskräfte, sondern auch die Steuerkräfte selbst
zu. Gar bald genügten die Anfang der sechziger Jahre entstandenen, den
Verkehr nach und von den Vororten vermittelnden Omnibuslinien nicht mehr;
an ihre Stelle traten die Pferde= und später die elektrischen Bahnen. Auf
diese Weise hatte sich bereits Mitte der achtziger Jahre ein großer, aus den
anliegenden Vororten und der Stadt bestehender Wirtschaftskomplex gebildet,
dessen City die Stadt Leipzig war. Die Gemeinsamkeit aller Interessen
drängte auf eine Vereinigung der verschiedenen Gemeinden selbst zu, und
so kam es in den Jahren 1889, 1890 und 1891 zu einer Vereinigung der
Vororte Gohlis, Eutritzsch, Reudnitz, Neustadt, Volkmarsdorf, Sellerhausen,
Neusellerhausen, Anger, Crottendorf, Neureudnitz, Thonberg, Connewitz,
Lößnig, Lindenau, Schleußig, Kleinzschocher und Plagwitz mit der Stadt.
Auch im Postverkehr führen diese Stadtteile noch heute neben dem Zusatz
„Leipzig“ ihren früheren Namen. Die Bedenken, die dagegen rege wurden,
daß damit einem Aufgehen, einer Assimilierung dieser Bestandteile in dem
Stadtganzen Schwierigkeiten entstehen möchten, haben sich nicht erfüllt; das
seitdem vergangene Jahrzehnt hat alle Unterschiede ruhig nivelliert, wenn
auch im Anfange hie und da Klagen laut wurden, daß die Vorteile der
Großstadt an Schleusen, Trottoirs, besserem Pflaster, Wasserleitung, Straßen-
beleuchtung und Ausstattung der Schulen diesen angeschlossenen Orten nicht
in dem erhofften Prestotempo zuteil wurden.
Selbstverständlich hat sich seitdem an der Peripherie der angeschlossenen
Zone eine neue Zone mit etwas dichterer Bebauung und Besiedelung wieder
herangebildet, doch ist in dem jetzigen Zustande ein ziemlich erheblicher
Unterschied gegen den damaligen Stand zu bemerken. Er besteht darin, daß,
während früher ein kompakter Siedelungsring von nicht allzu großer Breite
die Stadt umschloß, ja einschnürte, die wirtschaftliche Centripetalkraft der
Stadt jetzt ungleich weiter hinausgreift als früher, und dadurch die Zu-
sammendrängung der Siedelungen hart an der Weichbildsgrenze, wenn auch
nicht auf die Dauer verhütet, so doch verlangsamt wird. Der Grund dafür