Full text: Verfassung und Verwaltungsorganisation der Städte Königreich Sachsen (Vierter Band Erstes Heft)

Königreich Sachsen. 11 
Nach dem eben Gesagten hat jede politische Gemeinde einen bestimmt ab— 
gegrenzten Gemeindebezirk zur wesentlichen Voraussetzung. (Vergl. nach- 
stehend § 4.) 
3. 
Ortsstatut. 
1. Zu den den Gemeinden, insonderheit auch den Stadtgemeinden, zu- 
gewiesenen Aufgaben gehört vornehmlich mit die selbständige Regelung ihrer 
Verfassungen auf den durch die Städteordnungen gegebenen Grundlagen. 
Die Städte sind dementsprechend verpflichtet zur „Errichtung“ von Orts- 
statuten, welche über gewisse in den Städteordnungen bezeichnete, später noch 
näher zu berührende Punkte Bestimmung treffen müssen, die auch andere, 
die Gemeindeverhältnisse, also Verhältnisse, deren Regelung den Ge- 
meinden übertragen ist, betreffende „Normen“ enthalten können, jedoch 
mit der Gemeindegrundverfassung, nämlich den Städteordnungen, nicht in 
Widerspruch stehen dürfen 1. 
2. Alle ortsstatutarischen Bestimmungen der Städte bedürfen zu ihrer 
Gültigkeit der Bestätigung durch das Ministerium des Innern 2; nur bei 
den auf Grund reichsgesetzlicher Vorschriften 3s zu errichtenden Ortsstatuten 
tritt an die Stelle der ministeriellen Bestätigung die Genehmigung der 
Kreishauptmannschaft, als „höherer Verwaltungsbehörde“; vergl. z. B. § 142 
der Gewerbeordnung t. 
3. Die dem öffentlichen Rechte gemäß errichteten Ortsstatuten (vor- 
stehend 2) sind Rechtsquellen ?, nicht nur Rechtsanwendung; schon der Aus- 
druck „errichten“ deutet darauf hin: man spricht von „Errichtung“ einer 
Verfassung, von der „Aufstellung“ von Rechtssätzen", aber nicht von der 
„Aufstellung oder Errichtung“ von Ausführungsbestimmungen; deutlich zeigt 
sich aber die sächsischrechtliche Auffassung der Ortsstatuten als Rechtsquellen 
in der Bestimmung von § 29 des Sächs. BGB., nach welcher Statuten, 
1 Über die Dispensationsbefugnis des Ministeriums des Innern s. unten § 18 
a. E. — Uber Errichtung der Ortsstatuten vgl. unten § 10, II, 5, bi; § 14, IV. 
2 Vgl. auch den auf die „Ortsgesetze“ bezüglichen Abschnitt des Baugesetzes vom 
1. Juli 1900 (S. 381) § 8 ff., auf den hier nicht näher eingegangen werden kann. 
3 Fälle sog. „Delegation der gesetzgebenden Gewalt“. 
4 Sächs. Verordnung v. 28. März 1892 (28) § 1. 
*' Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts, 2. Aufl., 1882, Bb. 1 S. 138. 
Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 1, S. 126. 
6 „Iura conderer: § 8 J. de iur. u. g. et eiv. 1. 2.
	        
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