Full text: Verfassung und Verwaltungsorganisation der Städte Königreich Sachsen (Vierter Band Erstes Heft)

12 Georg Häbve. 
„welche dem öffentlichen Rechte gemäß errichtet sind“, den allgemeinen bürger— 
lichen Gesetzen vorgehen. Diese Bestimmung hat auch nach dem Inkraft- 
treten des Deutschen BGB. noch Gültigkeit, freilich nur noch auf dem 
Gebiete der sogenannten Vorbehaltsmaterien, des „Unberührten“, denn 
„Gesetz“ im Sinne des D. BGB. und des E. ist jede Rechtsnorm (Art. 2 des 
CG. zum BG#.), die Grundsätze aber über die Zuständigkeit zur Aufstellung 
von Rechtsnormen und ihr Verhältnis zueinander gehören dem öffentlichen 
Rechte an und werden daher durch das D. BGB. nicht berührt, unbeschadet 
der Bestimmung in Art. 2 der Reichsverfassung 1. 
4. 
*. 
Stadtbezirk. 
Jedes sächsische Grundstück hat einem Gemeindebezirke anzugehören, mit 
Ausnahme der selbständigen Gutsbezirke, nämlich der königlichen Schlösser 
und deren Zubehörungen, der bisher zu keinem Gemeindeverbande gehörigen 
Staats= und Privatwaldungen, der Kammer= und Rittergüter und der diesen 
rechtlich gleichgestellten Güter; andere etwa noch keinem Gemeindebezirke 
zugehörige Grundstücke sind dem Bezirke einer Stadt= oder Landgemeinde 
zuzuteilen 3. Der Gemeindebezirk kann aus einer oder mehreren Ortschaften! 
bestehen. Die Abgrenzung der städtischen Gemeindebezirke sowie jede hierin 
eintretende Anderung ist im Ortsstatute zu beurkunden 9. Eine Anderung 
des Gemeindebezirkes kann erfolgen: 
1. durch Ubereinkommen der beteiligten Gemeinden 5, welches jedoch, 
soweit es Ein= und Ausbezirkungen einzelner Grundstücke betrifft, außer der 
Zustimmung der Eigentümer dieser Grundstücke auch der Genehmigung der 
Aufsichtsbehörde, d. i. in Ansehung der Städte mit RSt . der Kreis- 
hauptmannschaft und des Kreisausschusses, in Ansehung der rübrigen Städte 
der Amtshauptmannschaft und des Bezirksausschusses, bedarf. Die Vereinigung 
einer Landgemeinde mit einer Stadtgemeinde oder die Vereinieun zweier 
1 Vgl. hierüber Zitelmann, Zum Grenzstreit zwischen Reichs= und Landes- 
recht. Leipzig 1902. 
2 Hierher gehören u. a. die in den Städten Glauchau, Waldenburg, Lichtenstein 
und Hartenstein gelegenen Schönburgschen Besitzungen. Landtagsmitteilungen 187172, 
I. Kammer, S. 783. 3 RLG0O. § 5. 
4 „Ortschaft“ ist im Gegensatz zu „Gemeinde= lediglich eine geographische Be- 
zeichnung. 5 RStdO. F 6. 
6 Selbständige Gutsbezirke können durch freie Übereinkunft unter den Be- 
teiligten jeder Zeit mit dem benachbarten Gemeindebezirk vereinigt werden. RStd. 
§ 7, § 135, a. KlEStO. Art. I. RLGO. §# 82, 83.
	        
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