Full text: Verfassung und Verwaltungsorganisation der Städte Königreich Sachsen (Vierter Band Erstes Heft)

Chemnitz. 177 
Bürgerschaft angewiesen. Die Stadt ist nämlich zum Zwecke der öffentlichen 
Armenfürsorge gegenwärtig in 69 Bezirke geteilt. An der Spitze eines 
jeden Bezirkes steht ein Hauptarmenpfleger, ihm zur Seite mehrere Unter- 
armenpfleger. Insgesamt stellen sich über 400 Bürger in den Dienst der 
öffentlichen Armenpflege. 
Zu dieser ehrenamtlichen Tätigkeit werden alle Berufsstände heran- 
gezogen, vorzugsweise allerdings Handwerker und Kleingewerbtreibende, die 
um deswillen besonders geeignet erscheinen, weil sie mitten im praktischen 
Leben stehen und eine weitgehende Orts= und Personenkenntnis zu besitzen 
pflegen. Die Mitwirkung von Arbeitern kann nur in beschränktem Maße 
in Anspruch genommen werden, weil ihnen, die auf ihrer Hände Arbeit zur 
Bestreitung des Lebensunterhaltes angewiesen sind, eine ehrenamtliche unent- 
geltliche Tätigkeit nicht gut angesonnen werden kann. Ausdrücklich vor- 
geschrieben ist die Mitgliedschaft von Arbeitern für den Ausschuß, dem die 
Verwaltung des städtischen Arbeitsnachweises obliegt. 
Allen Inhabern städtischer Ehrenämter muß nachgerühmt werden, daß 
sie eifrig und bereitwillig ihre Pflicht erfüllen und infolge der schon er- 
wähnten Vertrautheit mit örtlichen und persönlichen Verhältnissen sowie 
wegen ihrer näheren Fühlung mit den verschiedenen Kreisen der Bevölkerung 
recht ersprießlich wirken. 
Eine Betrauung von Frauen mit städtischen Ehrenämtern hat bisher 
noch nicht stattgefunden. Die zur Mitüberwachung des Ziehkinderwesens 
angestellten 12 Pflegerinnen sind Berufsbeamtinnen. 
Sicherheitspolizei. 
Neben dem Stadtrat besteht zur Verwaltung der Sicherheitspolizei eine 
selbständige Behörde, „das Polizeiamt“, an deren Spitze der Polizeidirektor 
steht. Dieser ist, wie oben erwähnt, Mitglied des Rates, aber ausschließlich 
mit der Verwaltung der Sicherheitspolizei betraut und auch allein und aus- 
schließlich dafür verantwortlich. Er hat unter eigener Verwaltung alle zur 
Pflege der Sicherheitspolizei erforderlichen Einrichtungen und Maßnahmen 
zu treffen und anzuordnen, soweit nicht verfassungsmäßig eine besondere 
Genehmigung der Gemeindevertretung erforderlich ist; solchenfalls hat er die 
nötigen Anträge beim Rate zu stellen. Von den wohlfahrtspolizeilichen 
Anordnungen des Rates wird dem Polizeidirektor Mitteilung gegeben, damit 
er stets einen Uberblick über den gesamten Wirkungskreis der Polizeimannschaft 
erhält und sie in ihrer gesamten Tätigkeit zu überwachen und auf allseitige 
Erfüllung ihrer Dienstpflichten hinzuwirken in der Lage ist. Für den Fall 
Schriften CXX. — Erstes Heft. 12
	        
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