Full text: Verfassung und Verwaltungsorganisation der Städte Königreich Sachsen (Vierter Band Erstes Heft)

Königreich Sachsen. 35 
Entscheidung des Ministeriums des Innern anzutragen. Wird auch der 
nach Verwerfung einer Wahl vorzunehmenden zweiten Wahl die Bestätigung 
versagt, so kann das Ministerium des Innern die Stelle provisorisch auf 
Kosten der Stadtgemeinde verwalten lassen, bis eine geeignete Wahl erfolgt. 
Die Verpflichtung des Gewählten geschieht durch einen Beauftragten des 
Kreishauptmannes in einer Sitzung des Stadtrates und im Beisein von 
Mitgliedern des Stadtverordnetenkollegs. Eine länger als acht Tage an— 
dauernde Beurlaubung des Bürgermeisters (sowie des Vorstandes einer etwa 
bestehenden besonderen städtischen Polizeibehörde, nachstehend 10 b) ist der 
Kreishauptmannschaft anzuzeigen. Im übrigen leiden die Bestimmungen 
über die besoldeten Ratsmitglieder auch auf den Bürgermeister Anwendung. 
9. Die zum Zwecke der Geschäftserledigung erforderlichen Unter- 
beamtent (einschließlich der Erekutivbeamten) werden vom Stadtrate an- 
gestellt?; es kann jedoch im Wege des Ortsstatuts rücksichtlich der Wahl 
und Anstellung der für die Vermögensverwaltung oder die städtischen Ein- 
nahmen erforderlichen Beamten den Stadtverordneten ein Widerspruchsrecht 
eingeräumt werden. Von dieser Möglichkeit haben von den hier zu be- 
trachtenden 76 Städten 71 Gebrauch gemacht. Von diesen verlangen aber 
drei nur ein gutachtliches Gehör der Stadtverordneten, während in den 
übrigen Städten teils den Stadtverordneten ein schlechthin gültiger Wider- 
spruch eingeräumt, teils ihre Zustimmung zur Anstellung erfordert wird, 
deren Mangel als Meinungsverschiedenheit zwischen Stadtrat und Stadt- 
verordneten behandelt werden soll (unten § 11 II 4). Vereinzelt ist auch 
bestimmt, daß vor der Wahl den Stadtverordneten die in Frage kommenden 
Bewerber oder eine bestimmte Zahl (3) derselben zu benennen sind zur Abgabe 
einer binnen bestimmter Frist zu bewirkenden Erklärung. Den Gemeinde- 
unterbeamten und ihren Hinterbliebenen ist aus der Stadtkasse Pension zu 
gewähren. Wer als Gemeindeunterbeamter anzusehen und in welchem 
Umfange die Pensionen zu gewähren sind, ist durch Ortsstatut zu be- 
stimmen. RSt O. 8§ 104, 105. In betreff der Disziplinaraufsicht und 
ungesuchten Entlassung der auf Lebenszeit angestellten Unterbeamten siehe 
vorstehend 5 am Ende. 
10. Der Stadtrat nimmt rechtlich eine mehrfache Stellung ein, der- 
1 „Unterbeamte“ im Gegensatze einerseits zu den Ratsmitgliedern und ander- 
seits zu sonstigen von der Gemeinde beschäftigten, nicht beamteten Personen. 
* In betreff der Besetzung dieser Stellen mit Militäranwärtern vgl. Ver- 
ordnung v. 30. Oktober 1899 (483), Bekanntmachung v. 10. Jannar 1900 (6), Ver- 
ordnung v. 20. Dezember 1901 (1902 S. 1) und v. 23. Oktober 1902 (397). 
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