Full text: Verfassung und Verwaltungsorganisation der Städte Königreich Sachsen (Vierter Band Erstes Heft)

36 Georg Häpe. 
gestalt, daß seine Rechte und Pflichten verschieden sind, je nachdem er in 
der einen oder der anderen jener Stellungen zu handeln hat. Er ist nämlich 
a) Organ der Stadtgemeinde, d. h. der juristischen Person, der 
öffentlich-rechtlichen Körperschaft, welche Stadtgemeinde genannt wird. 
In dieser Eigenschaft steht ihm zu: die Vertretung der Gemeinde den 
einzelnen Gemeindemitgliedern gegenüber und nach außen, insonderheit 
auch den Behörden gegenüber sowie die Verwaltung der Gemeinde— 
(Körperschafts)-Angelegenheiten und die obrigkeitliche Gewalt, d. i. 
das Recht, innerhalb des Stadtbezirkes, des Gemeindegebietes zu 
gebieten, und zwar nicht nur den Mitgliedern der Gemeinde, sondern 
auch allen, die in irgendeiner Beziehung in das Gebiet der Gemeinde 
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eintreten. RStO. § 98. Als Vertreter der Stadtgemeinde 
kommt ihm insonderheit zu die Forderungserhebung in Ansehung der 
Gemeindeleistungen (RStO. § 99). Weiter steht ihm in dieser Eigen- 
schaft zu die Vertretung der Gemeinde im Prozeß, im Verwaltungs- 
und Verwaltungsstreitverfahren 1 und in Angelegenheiten der frei- 
willigen Gerichtsbarkeit; in allen den obengenannten Beziehungen ent- 
spricht seine Stellung sowohl den einzelnen (physischen und juristischen) 
Personen als auch den Behörden gegenüber durchaus der Stellung der 
Vertreter anderer juristischer Personen 7, namentlich auch ist er in dieser 
seiner Eigenschaft in der Einwendung an sich zulässiger Rechtsmittel 
schlechterdings nicht beschränkt. Als Verwalter der Gemeindeangelegen- 
heiten liegt ihm die Verteilung der Gemeindeleistungen in Gemäßbheit 
der hierüber bestehenden Vorschriften und namentlich auch die Verwaltung 
des Gemeindevermögens (siehe unten § 15) und der Gemeinde- 
anstalten (z. B. Armen-, Krankenhäuser, Sparkassen usw.) ob, ein- 
schließlich der Rechnungslegung hierüber. Als Ortsobrigkeit hat 
er die Rechtsstellung einer Behörde (siehe nachstehend c), dem 
entsprechend die Dienst= und Disziplinargewalt über die Rats- 
mitglieder 3 und über alle städtischen Beamten und Angestellten sowie 
das Recht zum Erlaß von Verfügungen (Ge= und Verboten, Erlaubnis- 
erteilungen), zur Vornahme rechtsbegründender Akte, zu Feststellungen, 
1 Auch im Verfahren auf Anfechtungsklage. Jahrbücher des K. S. Ober- 
verwaltungsgerichts, Bd. 1, S. 56, s. dagegen nachstehend c. 
2 In betreff der Haftung der Gemeinde für die Handlungen des Stadtrates 
und in betreff des Konkurses vgl. D. BGB. § 89 und Gesetz vom 20. Juni 1900 
(322) X 4. 
3 Vgl. vorstehend 5 u. Anm. 1 auf S. 32. In der vom Stadtrat auf- 
zustellenden Geschäftsordnung können für Ordnungswidrigkeiten Disziplinarstrafen 
angedroht werden. RStO. 8 107.
	        
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