Königreich Sachsen. 41
Stadt berichtet von solcher Bevorzugung. Davon, daß sich einzelne Ge—
meindevertreter in größerer Zahl oder mit erheblicheren Beträgen an Unter—
nehmungen beteiligen, mit denen die Stadt Verträge abgeschlossen oder
deren Betrieb sie zu überwachen hat, wissen nur sechs Städte zu berichten; die
hierbei in Frage kommenden Unternehmungen sind Straßenbahnen, Dünger—
abfuhrunternehmungen und Gasanstalten je in zwei Fällen. In einer Stadt
sind Gemeindevertreter als solche Mitglieder des Aufsichtsrates und des Vor—
standes einer derartigen Unternehmung des großen städtischen Aktienbesitzes
wegen. Zu deutlich erkennbaren Übelständen scheinen die hier eben be—
sprochenen Beteiligungen bisher nur in einer Stadt geführt zu haben!.
4. Die Beschlüsse der Stadtverordneten sind vom Schriftführer zu
protokollieren. Die Protokolle, in denen auch die Zahl der anwesenden
Mitglieder anzugeben ist, sind nach Vorlesung und Genehmigung vom
Schriftführer, dem Vorsitzenden und mindestens zwei andern Stadtverordneten
zu unterzeichnen. Bedarf es noch einer weiteren Beurkundung oder Aus—
fertigung, so ist letztere vom Vorsteher der Stadtverordneten zu vollziehen;
dadurch erlangt das Schriftstück die rechtliche Eigenschaft einer „öffentlichen
Urkunde“.
5. Die Sitzungen der Stadtverordneten sind in der Regel öffentlich,
doch kann für einzelne Fälle — also niemals schlechthin — die
Offentlichkeit durch die Geschäftsordnung, ohne daß eine Einzelaufzählung
der Fälle erforderlich wäre, ausgeschlossen werden. Dies pflegt zu geschehen
bei Beschlußfassungen über rein persönliche Angelegenheiten, wie Ehren-
bezeugungen, Gehaltserhöhungen, Steuererlaßgesuche u. dergl. oder auch
über Versuche zur käuflichen Erwerbung der für städtische Zwecke etwa er-
forderlichen Grundstücke oder auf Antrag des Stadtrates usw. RSt0O.
S 75, 77, 78.
6. Aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses, welche den
beteiligten Gemeindevertretern zu eröffnen sind, kann das Ministerium des
Innern die Stadtverordneten auflösen und eine Neuwahl des ganzen Kollegs
anordnen. Solchenfalls hat der Stadtrat die Vornahme der Neuwahlen
binnen drei Monaten, von der Auflösung an gerechnet, zu verfügen. Der
Auflösung hat jedoch in der Regel eine Verwarnung voranzugehen. RSt.8 82.
II. Rechtscharakter und Zuständigkeit der Stadtverordneten.
Die Stadtverordneten sind lediglich Organ der Stadtgemeinde (vergl.
dagegen oben § 9, Ziffer 10). Es steht ihnen die Vertretung der Stadt-
U".
1 Vgl. zu dem Vorstehenden aber oben S. 10 Anm. I.