42 Georg Häpe.
gemeinde gegenüber dem Stadtrate und eine gesetzlich näher begrenzte Teil—
nahme an der Gemeindeverwaltung zu. RStO. 8 671.
1. Die Stadtverordneten sind hiernach „Vertreter“, nicht Bevoll-
mächtigte oder Beauftragte der Gemeinde; sie sind daher weder als einzelne
noch als Kollegium berechtigt, Untervollmachten zu erteilen. Die Stadt-
gemeinde hat Wort und Willen dem Stadtrate gegenüber nur durch sie;
sie beschließen und handeln im eigenen Namen („das Stadtverordneten-
kollegium"“ — „die Stadtverordneten"); sie bedürfen nicht besonderer Voll-
machten, die enger oder weiter gefaßt werden könnten; sie sind für ihre
Beschlüsse, soweit sie damit nicht ihre gesetzlichen Befugnisse überschreiten
oder ein Strafgesetz verletzen oder wider besseres Wissen in unredlicher Ab-
sicht handeln, niemandem verantwortlich; sie sind daher auch nicht gebunden
an Wünsche und Weisungen der Wählerschaft. RSt O. § 81.
2. Die Stadtverordneten sind Vertreter der Gemeinde, der öffentlich-
rechtlichen Körperschaft, sie sind nicht Vertreter der einzelnen Gemeindemitglieder,
auch nicht ihrer Wähler; sie haben in Privatangelegenheiten weder Anträge
noch Beschwerden anzunehmen, vielmehr solche, falls sie bei ihnen eingehen
sollten, sofort ab= und an die zuständige Behörde (z. B. in Gemeinde-
sachen an den Stadtrat) zu verweisen. Sie sind auch nicht Vertreter
einzelner Klassen, mit alleiniger Ausnahme des seltenen Falles von § 69
der RStO. (vorstehend I, 3), RStO. § 68 a. E.
3. Die Stadtverordneten vertreten die Gemeinde dem Stadtrate
gegenüber, also nicht nach außen und nicht den einzelnen Gemeindemitgliedern
gegenüber; die Vertretung der Gemeinde in diesen Richtungen steht allein
dem Stadtrate zu; § 98 RStO. Die Stadtverordneten üben keinerlei
obrigkeitliche Gewalt aus, sie sind nicht Behörde.
4. Die Stadtverordneten vertreten die Gemeinde dem Stadtrate gegen-
über nur in Gemeindeangelegenheiten, in Angelegenheiten der
öffentlich-rechtlichen Körperschaft. (RSt O. § 37). Was nicht Aufgabe der
politischen Gemeinde ist, kann nicht Gegenstand der Zuständigkeit ihrer Ver-
treter sein; die Stadtverordneten sind daher namentlich auch nicht zuständig
zur Mitwirkung in denjenigen Angelegenheiten, in denen der Stadtrat
als örtliches Organ der Staats= und Bezirksverwaltung tätig zu sein hat,
1 Vgl. hierzu die zwar auf Grund der Städteordnung von 1832 gemachten,
aber vielfach heute noch beachtlichen Ausführungen bei Hugo Häpe, Über den
Rechtscharakter und die Competenz der Stadtverordneten im K. Sachsen. Leipzig 1846.
2 Die RSt. spricht sonst nirgends von „Vertretung und Vertretern der An-
sässigen“ oder „Vertretern der Unansässigen“.