Königreich Sachsen. 65
ergreift die Glieder insoweit, als sie von der Gesamtheit in deren Dienst
gezogen werden. Hieraus folgt, daß aus dem Bestehen oder der Erfüllung
einer solchen Verbindlichkeit niemals ein persönlicher Anspruch des Leistungs-
pflichtigen wider die Gemeinde auf Gewährung einer bestimmten Gegen—
leistung abgeleitet werden kann. Die dem Gemeindemitgliede der Gemeinde
gegenüber zustehenden Rechte entspringen nicht seiner Leistungsverbindlichkeit,
sondern dem Gliedschaftsverhältnisse und werden lediglich begründet und
ihrem Umfange nach bestimmt durch die Zwecke und Einrichtungen der Ge—
meinde, nicht aber durch die ihr gegenüber bestehenden Verbindlichkeiten
ihrer Glieder und selbst in denjenigen Fällen, in denen der Erwerb oder
die Ausübung von Rechten an die Erfüllung gewisser öffentlich-rechtlicher
Leistungsverbindlichkeiten geknüpft wird, erscheint die Erfüllung dieser Ver—
bindlichkeiten nur als Voraussetzung oder Bedingung, nicht aber als
Grund jener Berechtigungen; vgl. z. B. REtO. 8 17, Nr. 51.
Den Inhalt dieser Leistungsverbindlichkeit bilden in den Städten teils
persönliche Dienste, teils Geldleistungen.
I. Eine Verbindlichkeit zur Leistung persönlichen Dienstes besteht
a. nur für die Bürger, und zwar in der Verpflichtung zur Ubernahme und
Führung bestimmter Amter, nämlich des Amtes eines Stadtverordneten,
eines unbesoldeten Ratsmitgliedes in den Städten mit RStO., eines
Ratsmitgliedes in den Städten mit KlSt., eines Ausschußmitgliedes
in einem gemischten ständigen Ausschusse, eines Bezirksvorstehers und eines
Gemeindewaisenrates 2. RSt O. N 48, 85, 127. KlStO. Art. 1;
b) für alle Gemeindemitglieder zur Leistung sonstiger persönlicher Dienste,
jedoch nur insoweit, als solche Dienste nicht eine besondere (sach-
männische) Befähigung des Leistenden voraussetzen; auch ist der Dienst-
pflichtige, abgesehen von Diensten im Interesse der Ortssicherheit?
(z. B. Feuerwehrdienst), berechtigt, auf seine Kosten einen geeigneten
Stellvertreter zu stellen oder sich durch Zahlung eines nach den orts-
üblichen Lohnverhältnissen zu bemessenden Geldbetrages an die Stadt-
kasse zu befreien.
II. Die Verbindlichkeit zu Geldleistungen besteht
1. für alle Gemeindemitglieder, insofern sie alle zu den Gemeindelasten,
1 Zahlung einer direkten Staatssteuer von mindestens 3 Mark ist Voraus-
setzung für Erwerb des Bürgerrechts.
2 Verordnung v. 6. Juli 1899 (203) § 39.
3 Hierbei kann Stellvertretung oder Zahlung einer Geldabfindung aus-
geschlossen werden. Vgl. auch Fischers Zeitschrift, Bd. 2, S. 273.
Schriften CXX. — Erstes Heft. 5