Vorbemerkung. 135
kein Verfassungsgesetz, sondern ein gewöhnliches Gesetz; man
ging davon aus, daß das Gesetz vom 15. Nov. 1848 zur Ab—
änderung der Verfassung von 1831, das ohne Zweifel als Ver—
fassungsgesetz nach 8 152 der VU. zu Stande gekommen war,
die Verfassung nicht definitiv abgeändert, ihr keinen definitiven
neuen Inhalt geschaffen habe, uud daß jenes Gesetz mit dem Eintritt
der Unmöglichkeit der Erreichung seines Zwecks von selbst weg-
gefallen sei; das neue Gesetz vom 15. Aug. 1850 sollte nur diese
bereits eingetretene Thatsache offiziell konstatiren und außer
Zweifel setzen. Das alte Recht trete damit von selbst wieder
ein; es bedürfe dazu keines Verfassungsgesetzes.
So war diese Episode der Sächs. Verfassungsgeschichte über-
wunden und das Verfassungsgesetz von 1848 verschwunden.
Doch nicht spurlos. Denn die unter der Herrschaft dieses Ver-
fassungsgesetzes vereinbarten Gesetze, insbes. das oben bemerkte
VG. und Ges. vom 31. März 1849 blieben bestehen und be-
stehen noch. Besonders das letztgenannte Gesetz ist nicht in
allen Stücken verständlich ohne das Gesetz von 1848, oder
wenigstens den das Vereinigungsverfahren betreffenden § 131 der
Verfassung in der durch das Ges. von 1848 (8§ XIII) ihm gegebenen
Gestalt. Deshalb wurde dieser § 131 (1848) oben Abth. I in
Anm. 2 zu § 131 abgedruckt. Auf den Abdruck des ganzen Gesetzes
wurde jedoch verzichtet, weil es nur vorübergehend practische Be-
deutung hatte, um sodann lediglich dem bisherigen Rechte wie-
der Platz zu machen. Im Uebrigen ist das Gesetz interessant
(s. dasselbe im vollständigen Abdruck in der Binding'schen Aus-
gabe S. 72). Abgesehen von der veränderten Organisation der
Ständeversammlung, welche auch den Wegfall der Separat-
stimmen nach § 129 der Vl., die Freigebung der Präsidenten-
wahl und die Ausdehnung der Auflösung auf die I. K. im
Gefolge hatte, und abgesehen von der Abänderung des Ver-
einigungsverfahrens, kommt namentlich in Betracht die Beseiti-
gung des § 92 und des letzten Satzes des § 103 der Vl.
(K8 Majorität der verneinenden Stimmen in einer der beiden
Kammern zur Verwerfung eines Gesetzes oder Budgets). Einige
Bestimmungen des Ges von 1848 wurden später definitiv ver-
wirklicht (Beseitigung der Separatstimmen 1868, Freigebung der
Präsidentenwahl zum größeren Theil 1874, Wegfall der christ-
lichen Confession für das active und passive Wahlrecht und Recht