Full text: Verhandlungen des Reichstags. 314. Band. (314)

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(Gröber, Staatssekretär.) 
(A) Dieses persönliche Treueverhältnis wird nach wie vor in 
voller idealer Tiefe fortbestehen. Wie es zwischen 
unserem herrlichen Offtzierkorpgs und dem Monarchen 
immer bestanden hat, so wird es auch in Zukunft be- 
stehen. Dieses Treueverhältnis hängt nicht von staats- 
rechtlichen Formulierungen und Regulierungen ab; das 
ist ein Herzensbedürfnis und eine Sache des Pflicht- 
gefühls unserer Offiziere und wird durch die vorge- 
schlagene Verfassungsänderung in keiner Weise berührt. 
Im übrigen möge doch mir als Süddeutschen ge- 
stattet sein, bei dieser Gelegenheit auch noch anzufügen: 
unsere bayerischen, württembergischen und sachsischen 
Offiziere lassen sich an Treue zu ihrem Monarchen auch 
nicht überbieten, obgleich bisher alle ihre Ernennungen, 
Beförderungen und Versetzungen kontrasigniert worden sind. 
Geiterkeit und sehr richtig! links.) 
Und nun gestatten Sie mir noch, mit wenigen Worten 
eine Ubersicht zu geben über die Wirkungen der Anträge, 
falls sie Gesetz werden sollten, im Zusammenhang mit 
den Anderungen, die das hohe Haus gestern schon zu 
dem Gesetz über die Stellvertretung des Reichstanzlers 
beschlossen hat. Es ist von mehreren Seiten geliend 
gemacht worden, daß da kein rechter Zusammenhang 
zwischen diesen Bestimmungen bestehe, daß sie willkur- 
lich herausgegriffen seien. Das scheint mir nicht 
der Fall zu sein. Es handelt sich bei der ganzen 
Neuregelung allerdings um die Rechte der Volksvertretung 
und deren Konsequenzen, um die Rechte der Volksver- 
tretung, sofern sie bet der Entscheidung über Krieg und 
Frieden selbst mitzuwirken hat, und zwar in allen Fällen 
mitzuwirken hat, dann aber auch um das Recht des 
Reichstags, das darin liegt, daß der Reichskanzler und 
die Kriegsminister ihm verantwortlich sein sollen. Tat- 
sächlich haben die Herren Kriegsminister bisher eigentlich 
eine Verantwortlichkeit anerkannt — tatsächlich! Be- 
(B) sonders der preußische Herr Kriegsminister hat niemals 
nelehr, wenn der preußische Militäretat zur Beratung 
tand; er hat es immer als seine Aufgabe angesehen, nicht 
bloß im Saale anwesend zu sein und auf Fragen Rede 
und Antwort zu stehen, auf alles Auskunft zu geben, 
sondern er hat darüber hinaus alles getan, was ein ver- 
antwortlicher Minister in einem solchen Falle über- 
haupt tun kann. Auch die Kriegsminister von Sachsen 
und Württemberg sind oft genug hier im Hause 
erschienen und haben, wenn ihnen an den Positionen 
ihres eigenen Etats gelegen war, im Hause gesprochen 
und alle an sie gerichteten Fragen beantwortet. Wenn 
nun aus dieser tatsächlichen Anerkennung einer Verant- 
wortungepflicht formell die Konsequenz gezogen wird, so 
scheint mir doch aus dieser rechtilichen Anerkennung der 
bisherigen tatsächlichen Ubung nicht der Zusammensturz 
des ganzen Gebäudes unseres Heerwesens hergeleitet 
werden zu können. Es ist ganz klar, daß für die Aus- 
gestaltung und Durchführung des Etats eine verantwort- 
liche Stelle da sein muß, und zwar eine Stelle, die für 
alle Einzelheiten des Etats verantwortlich sein muß, und 
daß eine Stelle bestehen muß, vor der diese Ver- 
antwortung stattfindet. Ist nun das letztere der 
Landtag oder der Reichstag? Es ist von den Kriegs- 
ministern von Preußen und von Sachsen, und, wenn 
ich mich nicht sehr täusche, auch von dem württem- 
bergischen Kriegsminister schon des öfteren die Erklärung 
abgegeben worden, daß sie gegenüber dem Landtage 
eine formelle Verantwortung nicht haben. Vor ein paar 
Jahren, im Jahre 1915 und 1916 hat der preußische 
Kriegsminister, als das Abgeordnetenhaus seine Anwesen- 
heit wünschte — es handelte sich um gewisse Rückwirkungen 
des Krieges auf landwirtschaftliche Verhältnisse, über die 
man den Kriegsminister in aller Form hören wollte — 
erklärt, er werde nicht kommen, denn das prenßische 
  
Reichstag. — 197. Sigung. Sonnaben den 26. Oktober 1918. 
Abgeordnetenhaus habe ihn nicht zu fragen, und er habe (0, 
dem preußischen Abgeordnetenhause nichts zu sagen. Bei 
einem späteren Anlasse hat der betreffende Kriegsminister 
zwar einen Kommissar geschickt, damit dieser Auskunft 
geben sollte, hat aber formell Verwahrung dagegen ein- 
gelegt, daß man daraus eine rechtliche Verpflichtung zu 
seiner Verantwortung vor dem Abgeordnetenhause her- 
leitcte. Dasselbe ist in Sachsen geschehen. Nach meiner 
UÜberzeugung können in der Tat die Landtage nicht den 
Anspruch erheben, daß ihnen gegenüber die Kriegsminister 
formell verantwortliche Erklärungen abzugeben haben. 
Wenn das aber richtig ist, wo ist dann die Sielle, an der 
wirklich eine rechtliche Verantwortung besteht? Im 
Landtage besteht sie nicht. Im Reichstage aber, wo die 
Verhandlungen über den Etat stattfanden, wo die Gelder 
bewilligt werden, da besteht bieher keine verantwortliche 
Stelle. Ist das nun eine so schreckliche Konsequenz, 
wenn die gesetzgebenden Faktoren dazu übergehen, zu 
bestimmen, daß die rechtliche Verantwortung des Kriegs- 
ministers gegenüber dem Bundesrat und dem Reichstag 
auch formell festgestellt werden soll, nachdem schon 
bisher tatsächlich diese Anerkennung stattgefunden und 
nachdem wir längst die Überzeugung gewonnen haben, 
daß eine Stelle geschaffen werden muß, vor welcher der 
Kriegsminister einen Elat und die Durchführung der Etats 
zu verantworten hat! Macht man sich das klar, dann 
wird man sich nicht verhehlen können, daß der von dem 
Herrn Abgeordneten Ebert und Genossen vorgelegte Antrag 
durchaus begründet ist. Hier sollen allerdings hochpoli- 
tische Konsequenzen der Parlamentarisierung durchgefuhrt 
werden, im Grunde genommen aber handelt es sich doch 
nur um die Konsequenz und zeitgemäße Weiterentwicklung 
des geltenden Nechts, und um einen Schritt, den man 
schon längst hätte tun können, und den man jetzt zu tun 
allen Anlaß hat. Deshalb werden die Herren es zugeben, 
daß es nicht so etwas Ungeheuerliches und Schreckliches (D) 
ist, wie der Herr Vorredner es hinzustellen beliebte, wenn 
die Reichsregierung die Erkärung hat abgeben lassen, sie 
sei entschlossen, falls das Haus diesem Antrage zustimmt, 
im Bundesrat für die Annahme dieses Gesetzentwurfes 
einzutreten. 
(Bravol) 
Vizepräsident Dove: Ich teile zunächst mit, daß der 
Antrag 1985 Albrecht und Genossen nunmehr sechs weitere 
Unterschriften gewonnen hat, daß er jetzt also mit zur 
Diskussion steht. 
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Landsberg. 
Landsberg, Abgeordneter: Meine Herren, es ist 
meinen Freunden und, wie ich annehme, auch den anderen 
Parteien, die Mitantragssteller der Mehrheitsanträge sind, 
darum zu tun, daß die Anträge zu Artikel 11, 15, 53 und 
66 der Verfassung so rasch als möglich Gesetz werden. 
Die Anträge der Herren Albrecht und Genossen, die jetzt 
genügend unterstützt sind, enthalten beachtenswerte, auch 
von meinen Freunden vertretene Gedanken. Uber einige 
von ihnen wird man sich aber, glaube ich, noch im 
einzelnen unterhalten müssen, uud deshalb schlage ich vor, 
die Anträge Albrecht und Genossen dem Verfassungs- 
ausschuß zu überweisen, der sich ja ohnehin mit dem 
weiteren Ausbau der Verfassung in der nächsten Zeit zu 
befassen haben wird und dann diese Anträge miterledigen 
ann. 
Meine Herren, Kein ernster konservativer Mann, der 
eine bessere staatsrechtliche und politische Schulung besäße 
als der Herr Abgeordnete v. Graefe, würde von seinem 
Standpunkte aus allen Anlaß gehabt haben, mit Ent- 
schiedenheit gegen unsere Anträge zu Artikel 11 und 15 
der Verfassung anzurennen, denn ich verkenne nicht einen 
Augenblick und mit der Ehrlichkeit, die immer die Richt-
	        
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