Full text: Die Verordnungen und Verfügungen über die Einrichtung deutsche Gerichte in Flandern und Wallonien.

nahme (88 198 Abs. ı, 244 Abs. 2) linden unveränderte 
Anwendung. 
Für die mit mehr als fünfjähriger Freiheitsstrafe bedroh- 
ten Straftaten sind die Rechtsgarantien dadurch erhöht, 
dass die Besetzung des Gerichts mit 3 Richtern anstelle des 
Einzelrichters vorgeschrieben und die Verteidigung für 
notwendig erklärt ist. Aber auch hier ist dem Gericht die 
Möglichkeit gegeben, auf Antrag der Staatsan waltschaft 
in der Besctzung mit nur einem Richter zu erkennen, 
wenn eine Freiheitsstrafe von weniger als 5 Jahren zu 
erwarten ist; möglich ist dies insbesondere beim Vor- 
liegen mildernder Umstände (Artikel 59 und So \ba.4 
und 5C.p.). 
Das belgische Recht kennt eine bedingte Verurteilung 
und eine bedingte Entlassung (Gesetz vom 31. Mai 1838). 
Von der Einführung dieses Gesetzes für die deutschen 
Gerichte ist vorläufig Abstand genommen. Erforderlichen- 
falls wird durch Stellung von Gnadenanträgen seitens der 
Staatsan waltschaft Abhülfe zu schallen sein. 
Da der Staatsanwaltschaft eigene deutsche Ilülfsorgane 
zunächst nicht zur Verfügung stehen, wird sie Ver- 
nebmungen ıumd andere Untersuchuugshandlungen viel- 
fach selbst vorzunehnıen haben, insbesondere dann, wenn 
diese am Sitz der Behörde oder in der näheren Umgebung 
zu erfolgen haben. Zahlreiche Angelegenheilen werden 
im Wege der Rechtshülfe der Staatsan waltschaften unter- 
einander zu erledigen sein. 
Winschenswert wäre naturgemäss die Ileranziehung 
der belgischen Polizeiorgane. Hierbei ist zu berücksich- 
tigen, dass die belgische Polizei sich im allgemeinen 
einer aktiven Zusammenarbeit mit den deutschen \ilitär- 
behörden abgeneigt gezeigt hat. Welche Ilaltung sie 
den deutschen Staatsan waltschaften gegenübereinnchnien 
wird, wird durch persönliche Fiühlungnahme mit den 
leitenden Beamten zu klären sein. Als Organe der Orls- 
polizei sind in den grösseren Gemeinden besondere 
Polizeikommissare bestellt (Commissaire de police). Im 
übrigen wird die Ortspolizei von den Bürgermeistern 
ausgeübt, denen in ländlichen Gemeinden die Feld- und 
4. Bedingie Verur- 
teilung und bedingte 
Enilassung. 
5. Hülfsorgane der 
Staalsanwalischafi.
	        
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