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als eben die Frist, am 19ten Mai Morgens um 8 Uhr,
verstrichen, und das baierische Heer zum Aufbruche bereit
war, durch mehrere Tiroler-Hauptleute ein Schreiben,
in welchem sie Verlaͤngerung des Waffenstillstandes auf
24 Stunden erbat. Der baierische Feldherr, ohne Voll—
macht, das zu gewaͤhren, konnte ihnen nur Sicherheit
der Person und des Eigenthums und seine Verwendung
fuͤr die Begnadigung Aller verheißen, sobald sich die be—
waffneten Tiroler ohne Widerstand auf allen Puncten
zuruͤckzoͤgen. Auch, als sie z Stunden spaͤter wieder er—
schienen, und nur um einstuͤndigen Waffenstillstand an—
hielten, konnte er ihnen nur das Gesagte wiederholen,
und ihnen nur noch einmal das Beste ihres Landes drin-
gend an's Herz legen.
Mit dem Schlage 0 Uhr begann die Division Wrede
ihren Zug nach Innsbruck am linken, die Division Deroy
am rechten Ufer des Inns. Jenseits Terfens erschien der
österreichische Major Baron Feither, Generaladjutant des
Feldmarschall-Lieutenants Chasteler, mit einem Schrei-
ben desselben an General Wrede, worin zur Räumung
Tirols vom sterreichischen Kriegsvolk eine Capitulation
vorgeschlagen war. Wrede konnte weder das Schreiben,
noch die mündlichen Anträge annehmen. Ungerechnet, daß
höhere Weisungen und jener bekannte kaiserlich franzb-
sische Tagsbefehl (oom 5ten Mai 1800), welcher den
karquis de Chasteler, als Urheber der in Tirol ge-
meuchelmordeten franzbsischen und baierischen Kriegs-
gefangenenen, geächtet hatte, jede friedliche Annäherung
zu ihm untersagte, mußte in diesen Augenblicken An-
nahme einer Capitulation die Stärke der Baiern ver-
dächtigen. Noch mehr, der Eifer der dsterreichischen Be-
amten, während der Unterhandlungen, Mißtrauen gegen