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engen Raum beschraͤnkt thun würde. General St. Cyr
fand es dagegen unerträglich, von Wittgenstein so
dicht umklammert und immerwährend beobachtet zu seyn.
Er wollte zu jedem Preis die Schranken zerbrechen.
Während sich daher (am 18. August Morgens) beide
Heere unthätig einander gegenüberstanden, versammelte
St. Cyr, wmie es früher Oudinot gethan, seine Ge-
nerale um sich und erklärte er, daß er das Wittgen-
steinsche Heer noch am nämlichen Tage mit allem Un-
gestümm angreifen werde. Er sey um so mehr des glück-
lichsten Erfolges gewiß, als Wittgenstein in stolzer
Sicherheit den gänzlichen Abzug des ihm gegendberste-
henden Hecres der Franzosen und Bayern aus der Stel-
lung von Polozk erwarte. Demgemäß theilte er die
Rollen zum bevorstehenden Kampf aus, nachdem er schon
in der vorhergehenden Nacht alle noch auf dem linken
Düung = Ufer stehenden Abtheilungen der Franzosen, be-
sonders die Reiterei, an das rechte Ufer gezogen hatte.
Auch hatte St. Cyr genehmiget, daß General Deroy
mit seinen Bayern den General Wrede in der Tags
vorher heldenmüthig vertheidigten Stellung ablböse. Denn
der greise Held wollte und konnte nicht thatenlos bleiben.
Frühmorgens schon (18. August) stand er dem Feinde
gegenüber, wo Wrede gekämpft hatte und festlich ge-
schmückt wie zu einem der schönsten Ehrentage.
General St. Cyr, um die Russen zu täuschen, ließ
am Mittag sämmtliches Gepäck des Heeres über die
Schiffbrücken vom rechten auf das linke Düna-nfer,
dann auf der von Semenietz nach Lepel führenden Straße
ziehen. Wittgenstein, als er aus seinem Hauptge-
lager diese rückgäangige Bewegung bemerkte, zweifelte
wirklich nicht, die Bayern und Franzosen wollten Polozk