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die Duͤna in dortiger Ebene, die Franzosen und Bayern
unerwartet anzugreifen. Dadurch wurden diese in der
That abgehalten, der Bewegung des russischen Heeres
Hindernisse in den Weg zu legen. Denn beguͤnstigt von
der schon einbrechenden Nacht, vom Pulverdampfe aus
beinahe 200 Feuerschluͤnden, und den aufsteigenden Duͤn-
sten des sumpsigen Bodens, fuhr jene Reitermasse plotz-
lich auf Corbineau's schwache Geschwader ein. Diese
überrascht, übermannt, in wilde Flucht aufgeldst, rissen
selbst mehrere Bataillons der Division Legrand mit sich
fort. Zwanzig Kanonen dieser Division, nun alles Schu-
tzes beraubt, wurden dem Gegner preisgegeben, und die
Kanoniere größtentheils auf den Stücken niedergehauen.
Unaufhaltsam drang die russische Reiterei gegen Polozk
vor. Schon war eine Abtheilung der Garde= Cürassiere
bis an die Stadtbrücke gekommen. Kaum verhinderte
es das Kartätschenfeuer der 12pfündigen Kanonen von
den Stadtwällen, kaum der tapfere Widerstand der aus
Schweizern bestehenden Wache, daß die Russen nicht in
die Stadt eindrangen.
General St. Cyr, welcher wegen seiner Verwun-
dung dem Laufe des Schlachtgetümmels nicht zu Pferde
hatte folgen konnen, sondern sich meist zu Fuß in der
Nähe des Dorfes Spaß aufhielt, um von hier aus den
Gang des Kampfes zu leiten, hbrte pldtzlich auf seiner
linken Flanke und in seinem Rücken das Angriffsgeschrei
der Russen und das Geschrei der Fliehenden. Da ihn die
schon eingebrochene Dümmerung hinderte, die Lage der
Dinge zu erkennen, gebot er dem ihm zunächst stehenden
General Siebein, mit dem Linienregimente Kdnig und
der Batterie Gravenreuth die entblößte linke Flanke