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dazumal den 29. Maͤrz, als es von den Polen mit
Feuer und Schwert heimgesucht worden, keinen aͤußern
Feind mehr gesehen. Die russische Hauptmacht hatte
schon in der vorhergehenden Nacht, so wie am Morgen,
die große Stadt durchzogen und in östlicher Richtung die
Straße von Wladimir verfolgt. Denn Feldmarschall
Kutusow hatte, unterstützt durch Moskau's Gouverneur,
den Grafen Rostopschin, Moskau's Zerstörung be-
schlossen, um durch Vernichtung unermeßlicher Hülfs-
quellen für Krieg und Frieden, dem Feinde alle Früchte
seiner bisherigen Siege zu entreissen. Nur auf dem
Sperlingsberge hielt noch ein schwacher Nachtrab unter
Miloradowitsch, um dem Blicke des Gegners noch
augenblicklich die Voranstalten zu einer Zerstbrung zu ent-
ziehen, wie vielleicht die Geschichte des Menschen keine
entsetzlichere kennt. Es wird aber dieß Unternehmen,
eben so riesenhaft gräßlich gedacht, als geheimnißvoll
und mit Umsicht ausgefährt, und in seinen Folgen über
alle Berechnung hinaus, das Erstaunen der späten Nach-
welt bleiben.
Schon erblickten die Sieger von Borodino die ver-
goldeten, schimmernden Thürme der unübersehbaren Kai-
serstadt; schon wähnten sich die franzbsischen Krieger im
Besitz alles dessen, was der unermeßliche Umfang an
Reichthum und Wohlleben enthalten mußte; schon sah
Frankreichs Kaiser die Einwohner Moskau's zu seinen
Füssen; schon wähnte er dem russischen Reich aus dem
Kremlin einen Frieden anzubieten, entehrend wie er fri#-
her andern besiegten Volkern geworden war. Da erschien
ein russischer Unterhändler bei Murats Vorwachten.
Er versprach schleunige Uebergabe und Unterwerfung der
Hauptstadt, wenn Napoleon dem russischen Hauptheer
III. ötes Buch. 11