Full text: Kriegsgeschichte von Bayern unter König Maximilian Joseph I. - Zeitraum vom Jahre 1810 bis zum Schluße der Belagerung von Thorn ( April 1813 ). (3)

— 211 — 
Dichtes Gewölk umzog itzt den bisher heiteren Him- 
mel. Bald verdeckten große Schnee= und Eismassen die 
Erde und raubten dem fliehenden Kriegsvolke die letzten 
Mittel zur Selbsterhaltung. Die ungewöhnlich früh ein- 
getretene Kälte (das reaumürische Thermomcter zeigte 
acht bis zehn Grad unter dem Gefrierpunct) und uner- 
horte Entbehrungen, Mangel des Schlafes, der Lebens- 
mittel und aller Arznei, verursachte schreckhafte Krank- 
heiten, allgemeine Abspannung. Tausende von Leichna- 
men bezeichneten den Weg der fliehenden Kriegerhaufen. 
Was dem Tode durch Frost, Hunger und Krankheit ent- 
kam, schien kaum dem Schwerte des Gegners entrinnen, 
noch weniger demselben Widerstand leisten zu können. Ent- 
flohen war das Vertrauen auf eigenen Willen, die Hoff- 
nung besserer Zukunft. Franzosen, Bayern und alle übri- 
gen Verbündete verloren gemach die Banden unentbehr- 
licher Disciplin. Tausende von Elenden blieben auf bei- 
den Seiten der großen Straße oder auf den verlassenen 
Lagerplätzen aus Ermattung zurnck; tausend Andere ver- 
ließen die Hauptwege und fanden auf Nebenstraßen, statt 
Befriedigung der nothwendigsten Bedürfnisse, Tod oder 
Gefangenschaft. Noch verderblicher wirkten der Mangel 
an Nahrung und Obdach, die fürchterliche Kälte, auf die 
abgematteten Rosse. Nicht allein daß deren unzählige 
Leichname die Straßen bedeckten, versagten auch die noch 
Lebenden weiteren Dienst. An jeder kleinen Anhbhe mußte 
dem nachfolgenden Feind Geschütz überlassen werden. 
Trotz allen diesen furchtbaren Erscheinungen erhielt 
sich Napoleons Selbstvertrauen. Zwar mag er zwei- 
felhaft über den Zustand gewesen sepn, in welchem sein 
Heer in Smolensk, dem augenblicklichen Ziele seines 
Rückzuges, ankommen würde; aber daß es auf längere 
14
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.