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brechen, und sämmtliche auf dem linken und rechten Düna-
Ufer befindliche Truppen im Rücken zu nehmen. Der
entscheidendste Augenblick für das franzdèsische Heer bei
Polozk war gekommen.
Marschall St. Cyr rief den General Wrede, wel-
cher eben in einer der Schanzen den Feind beobachtete,
an seine Seite, um ihm den Oberbefehl über alle auf
dem linken Düna-Ufer stehenden Franzosen und Bayern,
so wie die Bekämpfung des Generals Steinheil zu
übertragen. Wrede eilte rasch der ehrenvollen Bestim-
mung entgegen, während er dem zurückziehenden kleinen
bayerischen Corps Stroehl Halt gebot. Der Vortrab
Steinheils zeigte sich am Saume des Waldes, der
unweit der Vorstadt Polozk, auf der Straße von Bo-
nonia liegt. Wrede hatte für den Augenblick nur über
ein Bataillon des franzbsischen 10ten Linienregiments zu
verfügen. Er verlor den gewohnten Gleichmuth nicht,
sprach ein gewichtiges Wort zu den Schlachthaufen und
stürzte sich mit ihm dem andringenden Feind entgegen.
Er schien den Tod zu suchen und fand den Ruhm. Der
Vortrab des russischen Armeecorps, vom unerworteten
wilden Angriff überrumpelt, floh nach dem ersten Ver-
lust verworren in den Engpaß zurück, aus welchem er
kaum mit seiner Spitze siegreich hervorgetreten war.
Wrede dankte seinen Tapfern und stellte sie an dem
Saume des Waldes mit dem Gebote auf, eher das Le-
ben zu verlassen, als die anvertraute Stellung, und eilte
für seine Person, bei eingebrochener Nacht gen Polozk
zurück, um mit dem Marschall St. Cyr die Geschicke
des folgenden Tages vorzubereiten.
Während dieser drohenden Ereignisse auf dem linken
Düna= Ufer, hatten die Russen noch einen wüthenden
III. otes Buch. 15