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begann das in der Weichselbatterie eingefuͤhrte feindliche
Geschuͤtz zu feuern. Das Festungsgeschuͤtz, wegen Man-
gel an Munition, konnte nur schwach antworten. Zwar
hatte der Gouverneur schon seit mehreren Tagen Werk-
staͤtte errichten lassen, um den uͤberfluͤssigen Vorrath von
Taschenmunition in Geschuͤtzmunition umzuwandeln; doch
schritt diese Arbeit nur langsam vorwaͤrts. Und inzwischen
die russischen Belagerungstruppen stets mehr Verstaͤrkun—
gen erhielten, minderte sich die Anzahl der Vertheidi—
ger in der Festung.
Die Brigade Zoller hatte bei ihrem Einruͤcken in
Thorn (im Monat Jaͤnner 1813) aus 157 Officieren,
3883 Mann bestanden. Im Laufe der Blokade und Be—
lagerung bis zum 15. April hatte sie schon mehr als
1000 Mann durch den Tod verloren, während beinahe
das Doppelte in den verschiedenen Krankenhäusern, un-
brauchbar für den Vertheidigungsdienst, lag. So blieben zur
Besetzung der sehr ausgedehnten Festungswerke, und da-
mit die immer gefährlicher werdenden Angriffe eines sehr
überlegenen Feindes abgewiesen werden konnten, im Gan-
zen genommen kaum mehr 1500 Mann Franzosen und
Bayern disponibel.
Besondere Rücksicht verdienten die Bayern, welche
zur Vertheidigung des Platzes so kräftig halfen, denn
sie waren die kostbaren Ueberreste vieler Regimenter und
Bataillons, welche den Stamm neuer Schlachthaufen
bilden sollten und schon seit langer Zeit zur Rückkehr in
ihr Vaterland bestimmt waren.
Das überlegene Geschützfeuer des Feindes hatte auch
schon mehrere Feuerschlünde der Festung unbrauchbar ge-
macht,. Das Elend der Einwohner war auf den hochsten