Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.1. Das Staatsrecht des Königreichs Bayern. (1)

81. III. Die landesherrlichen Aemter und die Unterthanen. 9 
Bayern wesentlich vernichtet, wenn auch die Landstände formell noch bis in den Anfang dieses Jahr- 
hunderts bestanden. 
1 Die landesherrlichen Hemter und die Untkerthanen. Eine um so größere Bedeutung 
erlangte dann in dieser Periode stets steigender landesherrlicher Gewalt das höhere landes- 
errliche Beamtenthum ½. Die territoriale Entwickelung Bayerns ist auch darin charak- 
teristisch, daß sich schon sehr frühe, schon in den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts, wie ein 
in der letzten Zeit der Regierung Ludwig's I. (1183— 1231, nicht wie früher angenommen wurde, 
unter seinem Sohne Otto II. 1231—1253) verfaßtes wittelsbachisches Salbuch?) ergiebt, eine 
entschiedene Ausbildung des Beamtenthums, eine vollständige Eintheilung des Landes in Aemter 
zeigt, zu der dann eine höhere Eintheilung in die Sprengel der vicedomini (Vitzthume, deren 
frühest bekannter 1204 urkundlich erwähnt wird)) hinzukommt. 
In diesen Einrichtungen, namentlich in der der Rechtspflege und Polizeiverwaltung 
vereinigenden Land- und Pflegegerichte zeigt sich eine große, Jahrhunderte andauernde 
Stätigkeit. Andererseits blieb die Entwickelung der lokalen Verwaltung bis in dieses Jahrhundert 
vielfach gehemmt durch die verhältnißmäßig starle Verbreitung und Entwickelung patrimonialer, 
namentlich grundherrlicher obrigkeitlicher Befugnisse, vor allem der patrimonialen Gerichtsbarkeit. 
Von bedeutendstem Einfluß auf diese Gestaltungen war die berühmte große „Handfeste" Otto's III. 
(1290—1312) von Niederbayern vom 15. Juni 13114), jene für die Entwickelung des landstän- 
dischen Wesens so hochbedeutsame Urkunde, in der der Herzog den sämmtlichen an der Bewilli- 
gung einer hoch gegriffenen Steuer Betheiligten die Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der über 
die todeswürdigen Verbrechen abtrat. Gerichtsbarkeit in verschiedenem Umfange hatten dann außer 
den Herren der sogen. Hofmarken namentlich auch die Städte und Märkte erlangt, wenn 
auch sonst die städtische Entwickelung in dem alten Herzogthume nicht den bedeutenden Aufschwung 
nahm wie anderwärts?). 
Blieb bei alledem am Hofe des Herzogs, dessen Räthe (consules) in Niederbayern schon 
um die Mitte des 13. Jahrhunderts erwähnt werden), die Summe der höheren Landesverwal- 
tung concentriert, so finden wir seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine stätige Ver- 
mehrung der obersten Landesbehörden, die sich großentheils als eine immer weiter- 
gehende Abzweigung aus dem Hofrathe darstellt, über dem sich einerseits seit 1572 der 
Geheime Rath als oberste Verwaltungsinstanz erhebt, währeud anderseits die Hofkammer 
für die Finanz= und der Kriegsrath für die Militärverwaltung sich von ihm ablösen, so daß 
der Hofrath wesentlich nur noch als Justigstelle erscheint, über der als die oberste Instanz seit 
1625 das sogen. Revisorium fungirt, nachdem Bayern kurz vorher ein unbeschränktes Appel- 
lationsprivileginm vom Kaiser erhallen hatte. 
Aus dem Geheimen Rath selbst bildete dann Kurfürst Karl Albrecht (1726—45, 
als Kaiser Karl VII. 1742—1745) gleich nach seinem Regierungsantritt das Ministerium, 
„die geheime Konferenz“ in drei Departements, unter je einem Konferenzrathe (Minister), zu 
denen 1764 das Departement der auswärtigen Angelegenheiten kam. An der Spitze 
der geheimen Konferenz stand der Geheime Staatskanzler. Der gesammte Geheime Rath wurde 
darnach nur noch selten versammelt. 
Eine gewisse Selbständigkeit in der Verwaltung bestand für die sogen. Nebenländer, 
wie die Oberpfalz und die derselben benachbarte 1647 an das wittelsbachische Haus gekom- 
mene Landgrafschaft Leuchtenberg. 
Eine Behörde von eigenthümlichem Charakter war schließlich der 1557 begründete Reli- 
gionsrath, seit 1573 Geistlicher Rath genannt, wesentlich für die Ausübung der kirchen- 
1) Ueber die Entwickelung des landesherrlichen Beamtenthums in Bayern u9. außer den 
Notizen bei Buchner, insbes. Bd. VI. 3 fl., S. 9 ff. Riezler, II. S. 191 fl. 528 fl. 
und für die spatere i die Uebersicht * Alulkas, Staatsrecht, S. 956 ff. 3. eßm aier, 
Staalsr. S. 182 ff. 212 ff. Vgl. auch Neudegger in v. Löhers archival. Zeitschr. VI. S. 1Is ff. 
2) S. Hersiel! Riezler II. 5. 15 ff. und über das Alter des Salbuchs seine Ausführung 
in Heigel und Riezler, Das Her erot h. Bayern r. 1867, S. 232. Hiernach berichtigt sich die 
4u Duchner V. S. 125 ff. sich gründende Bemerkung bei H. Schulze, Lehrb. d. d. Staatsrechts. I. 
od Riezler II. S. 172. 
4) Quellen und Erört. VI. Nr. 238 S. 183 ff.; dazu alo•kinger Einl. zu Lerchen- 
feld's Ausgabe der Freibriefe, CXXXNVI. fl. (00l. XXI. 4 K. Wirschinger, Darstellung der 
#atrimonialgerichtsbarkeit in Bayern. München 
Für München vgl. Pl t. Wehner, Die bolsshipwerfasiung d. Stadt München. Münch. 1876. 
3 Riezler II. S.
	        
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