811. Die Rechte der Unterthanen. 175
zuspricht, nicht anerkannt werden, also auch nicht die Möglichkeit der Geltendmachung
des Vereinsrechtes durch Ausländer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf
Grund von Art. 8 Ziff. 6 des Gesetzes vom 8. Aug. 18780.
VI. Schluß: Petitionsrecht und Beschwerderecht. Zu den allgemeinen bürger-
lichen Rechten, bisweilen auch zu den Freiheitsrechten, pflegt das Petitionsrecht und
das, offenbar um der inneren Verwandtschaft von Bitte und Beschwerde willen, in
manchen neueren Verfassungsurkunden in unmittelbarem Zusammenhange mit jenem auf-
geführte Recht der Beschwerde gerechnet zu werden?).
Ein Petitionsrecht, in dem Sinne, daß die natürliche Freiheit des Bittens durch
Staatsorgane nicht behindert werden dürfe, oder daß die staatlichen Organe, an welche
Bitten gerichtet werden, sich nothwendiger Weise irgendwie mit denselben zu befassen
hätten, ist allerdings in Bayern weder durch die V.-U. noch durch ein späteres Gesetz
ausdrücklich anerkannt worden, doch sind Petitionen von jeher in Uebung gewesen und
es sind auch einzelne gesetzliche und verordnungsmäßige Bestimmungen ergangen, welche
Unordmngnn, die beim Einreichen von Petitionen vorkommen könnten, vorbengen sollen.
n gehören die Vorschriften der mit frbten rW Vorschristen wwesentlich überein-
stimmenden ##oobd. vom 25. November 1825 (N. S. e 1 S. 254 ff.), nach
welchen alle Gesuche und Vorsiellungen, welche zum Sassun undk- zur häat s von „Mittel-
stellen? geeignet sind, bei diesen eingereicht werden, Gesuche und Vorstellungen unmittelbar
beim Könige nur „in bloßen Gnadensachen“ und außerdem dann eingereicht werden dürfen,
„wenn der Bittende in den vorgeschriebenen Instanzen seinen Zweck nicht erreichen konnte, oder
mit Grund glaubt, verletzt zu sein“, oder wenn der Gegenstand der Bitte seiner Natur nach der
besonderen Entscheidung des Königs unterliegt; ferner die Bestimmung in Art. 6 des Ges. vom
6. Febr. 1850, die Versammlungen und Vereine betr., nach welcher es den Versammlungen
nicht gestattet ist, Adressen oder Petitionen in Masse zu überbringen, oder durch Abordnungen
von mehr als 10 Personen zu übersenden.
Neuerdings ist aber in der Geschäftsordnung für die Kammer der Ab-
geordneten vom Jahre 1872)) festgesetzt worden, daß alle an diese Kammer gerichteten
Petitionen von dem Petitionsausschusse zu prüfen sind, soferne sie nicht mit einem
bereits einem Ausschusse zugewiesenen Gegenstande in Verbindung stehen, und daß dem
Gesuchsteller in jedem Falle der Bescheid des Ausschusses oder der Kammer
(salls sie in dieser selbst zur Erörterung gekommen sind, was auf Antrag von 10
Mitgliedern jedenfalls geschehen muß) mitzutheilen ist (§ 27)7.
1) Vgl. über die Frage Pözl a. a. O. S. 444, 476, 483. Uebereinstimmend mit der hier
vertretenen Fis die Bemerkung bei v. Pechmann-Stadelmann. S.
über das Recht der Bitte und l# die Ausführungen und Nachweisungen
bei Held, Sn des Terfassungerects, Bd. II S. 621 ff., Zachariä, Deutsches Staals= und
Bundecht, 1 3. Aufl., S. 465 s öbll 6 le d. gem. deutschen Staatercchts, Bd. 11
Aufl. S. , 441 ff., G. Meye 7*. Lehrb. d. d. Staat nrechts, 8 Aufl. S. 656 ff., und soviel
50%% el angeht, Pöäl, Verfassungorecht S. 105 ff., u Seydel, Bayer. Staats-
recht, Bd. II S. 29 ff., (gegen die Mnagme eines wöff urn das Staatsangehörigen dem
Fhss ul S S. 30 ". (Recht der Beschwerde an den Landtag wegen Verletzung der con-
stitutionellen Rechte). Vgl. ferner Bluntschli, Allgem. Staatsrecht, 6. Aufl. besorgt von
E. Löning) S. 663 ff., R. v. Mohl, Staatsrecht, Döllerrecht und Politik, Bd. I S. 222 ff. —
Loh Art. Beschwerde und Peiition in Bluntschli und Brater's Staatswörterbuch, Bd. II
S. 89 ff., VIII S. 67 ff., L. Stein, d. Verwaltungslehre, Bd. I 2. Aufl., Stuttg. 1869,
S. 367 ff. E. Meier, Art. ahiinsre in Holtzendorff's “EBu Aufl. Bd. 3. S. 40 ff.
3) Val. Verh. d. K. d. 1871/72, Beil. Bd. II 213 ff., 281 ff. Stenogr. Ber. II,
S. 28 ff. Abgedruckt ahe in dallls Gesetze und Schehüle 7. Ergänzungs- Band S. 708 ff.
4) Anders nach der Geschäftsordnung der K. d. R. von 1872, (Verh. d. K. d. NR. 1871/72
Beil. Bd. 1 S. 170 ff. und in Bayerns Gesetze 7. Erg.-Bd. S. 672 ff.), wo es in 5 79 heißt:
„Anträge anderer Personen lals der nach § 78 allein zur Stellung und Einbringung von Anträgen
und Wünschen berechtigten bei dem Landtage anwesenden und bereits legitimirten Reichsräthe] gehen
blos zu den Akten, wenn sich dieselben nicht ein am Landtage anwesender Reichsrath angeeignet hat.
Es ist jedoch einem jeden Mitgliede der Kammer die Einsicht davon gestattet.“ Mit dieser Bestim-