30 Vogel, das Staatsrecht des Königreichs Bayern. 85.
ersetzt durch das Gesetz vom 3. April 1875 G. u. V. B. S. 269 ff.)!) und dem engen
Zusammenhange derselben mit dem Hypothekar-Kreditwesen.
Art. 35 Abs. 2 der Reichsverfassung behält sodann die sonst der Reichsgesetzgebung
unterliegende Besteuerung des inländischen Branntweines und Bieres für
Bayern wie für Württemberg und Baden der Landesgesetzgebung vor. Im Zusammen-
hange damit reservirt Art. 38 Abs. 1 die Erträgnisse der Branntwein= und der Bier-
stener dieser Staaten der Staatskasse, während nach Art. 38 Abs. 3 dieselben keinen
Theil haben an dem in die Reichskasse fließenden Ertrage solcher Steuern und an dem
diesem Ertrage entsprechenden Theile des Aversums, welches die außerhalb der gemeinschaft-
lichen Zollgrenze liegenden Gebiete des Reiches zu den Ausgaben desselben auf Zölle und
gemeinschaftliche Verbrauchsabgaben beitragen. Damit ist der ungeschmälerte Ertrag
des Malzaufschlages (Gesetz vom 16. Mai 1868, G. B. 1866/69 S. 461 ff., ab-
geändert durch Gesetz vom 31. Oktober 1879, G. u. V. B. S. 1475 ff.), der bedeu-
tendsten Einnahmequelle des bayerischen Staates, diesem vorbehalten. Allerdings ist in
Art. 35 Abs. 2 der Reichsversassung die Verpflichtung der deutschen Bundesstaaten
anerkannt, eine Uebereinstimmung der Gesetzgebung auch über die Besteuerung von Bier
und Branntwein herbeizuführen.
Weitergehend sind die übrigen, Reservatrechte Bayerns enthaltenden Bestimmungen,
bei deren Festsetzung wesentlich der allgemeine Gedanke, Bayern auch innerhalb des
Reichsverbandes eine möglichst selbständige Stellung zu sichern, gewaltet hat.
Dahin gehört vor Allem die wesentliche Beschränkung der Zuständigkeit des Reiches zur
Beaussichtigung und Gesetzgebung hinsichtlich des Eisenbahnwesens gegenüber Bayern
nach Art. 4 Ziff. 8 und Art. 46 Abs. 2, 3 der Reichsverfassung, so daß diese Reichs-
kompetenz Bayern gegenüber der Hauptsache nach ausgeschlossen ist. dem Reiche jedoch
auch Bayern gegenüber das Recht zusteht, im Wege der Gesetzgebung einheitliche Normen
für die Konstruktion und Ausrüstung der für die Landesvertheidigung wichtigen Eisen-
bahnen aupsgzustellen.
Durch Art. 4 Ziff. 8 und Art. 52 der Reichsverfassung ist ferner für Bayern,
gleich wie für Württemberg, eine weitgehende Selbständigkeit gegenüber der verfassungs-
mäßig begründeten Zuständigkeit des Reiches in Bezug auf das Post= und Tele-
graphenwesen anerkannt. MWährend diese Verkehrsanstalten nach Art. 48 Abs. 1
der Reichsverfassung für das gesammte Gebiet des Deutschen Reiches als einheitliche
Verkehrsanstalten eingerichtet und verwaltet werden, ist die Verwaltung der Post und
Telegraphie dem bayerischen Staate verblieben, so daß auch der Ertrag dieser Verwaltung
der bayerischen Staatskasse zufällt, während andererseits Bayern an den zur Reichskasse
fließenden Einnahmen des Post= und Telegraphenwesens keinen Antheil hat. Doch steht
dem Reiche auch Bayern gegenüber die Gesetzgebung über die Vorrechte der Post und
Telegraphie, über die rechtlichen Verhältnisse beider Anstalten zum Publikum, sodann
über die Portofreiheiten und das Posttaxwesen, und die Feststellung der Gebühren für
die telegraphische Korrespondenz zu, jedoch ausschließlich der reglementarischen und Taris-
bestimmungen für den internen Verkehr innerhalb Bayerns, deren Festsetzung Bayern
verblieben ist, sowie ihm ferner auch das Recht vertragsmäßiger Regelung des eigenen un-
mittelbaren Verkehrs mit seinen dem Reiche nicht angehörigen Nachbarstaaten, also mit
Oesterreich und der Schweiz, verblieben ist, gegenüber der allgemein begründeten Zu-
ständigkeit des Reiches zur Regelung des Post= und Telegraphenverkehrs mit dem Auslande.
1) Für die Pfalz ist die Brandbericherung, uin analoger Weise geordnet durch die Brand-
gebesfereeo vom 26. Nov 1817 Ichum latt f. d. Pfalz 1818 Nr. 1), welche eine
beson herunge eb diesen Kreis geschaffen hat.