Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.1. Das Staatsrecht des Königreichs Bayern. (1)

86 Vogel, das Staatsrecht des Königreichs Bayern. 8 11. 
rechtfertigender Grund vorhanden ist. In keinem Falle aber darf die Festnahme zu dem 
Zwecke, die Fortsetzung einer strafbaren Handlung zu verhindern, über 21 Stunden fortgesetzt 
werden?) 
Die Voraussetzungen, unter welchen sonst polizeiliche Haftnahme, Vorführung oder auch 
Detention stattfinden können, großentheils sicherheitspolizeilicher Natur, sind überwiegend, wenn 
auch nicht ausschließlich dem Landesrechte zu entnehmen, doch hat namentlich das Neichsstrasgesetz 
buch einige wichtige, hier einschlagende Bestimmungen getroffen, iudem es in § 25 der Polizei- 
behörde des Ortes, wo ein (nach § 23) aus längerer Zuchthaus= oder Gesfängnißstrafe vor- 
läufig Entlassener sich aufhält, seine einstweilige Festnahme aus dringenden Gründen des 
öffentlichen Wohles gestattet unter der Verpflichtung jedoch, den Beschluß über den endgiltigen 
iderruf seiner vorläufigen Entlassung sofort nachzusuchen 7), indem es ferner in 5 362 der 
Landespolizeibehörde (in Bayern nach der V.-O. vom 4. Januar 1872 N.-B. S. 25 ff. 
& 7 Distriktspolizeibehörde, in München Polizeidirektion) die Befugniß einräumt, die ihr durh 
richterliches Urtheil überwiesenen Personen nach verbüßter (auf Grund von § 361 Ziff. 3—8 
erkannter) Haftstrase bis zu zwei Jahren in ein Arbeitshaus unterzubringen?). 
Die Verpflichtung und damit die Befugniß zur Aufspürung, Verhaftung und Einbringung 
von Bettlern und Landstreichern (soweit nicht die Bestimmungen der R.-St. ., O. über 
Verhaftung und vorläufige Festnahme und Art. 102 des Ausf.-Ges. zu derselben in Betracht 
wemmeng enthält A der V.-O. vom 28. November 1816, die Bettler und Landstreicher betr. 
R.-B. S. 859 ff.). u Polizeistrafgesetzbuch vom 26. Dezember 1871 spricht der Polizeibehörde 
die Befugniß zu, die Sicherheit dritter Personen oder fremden Eigenthums gefährdende oder die 
öffentliche Ruhe störende Betrunkene, soweit es zur Verhütung weitern musuges Ererherich 
ist, bis auf höchstens 24 Stunden in polizeilichen Gewahrsam zu bringen (Art. 5 
gemeinge fährliche Blödsinnige oder Geisteskranke auf Grund eines Gutachiens de- 
zuständigen Amts-(Bezirks-),Arztes in eine Irrenanstalt unterzubringen oder sonst deren genügende 
Verwahrung anzuordnen (Art. 80 Abs. 2)"). In diesem Zusammenhange ist dann auch hinzu- 
  
1) Ausf.-Ges. Art. 102 Abs. 2—5. Diese Bestimmungen sind, allerdings nicht ohne Aende- 
rungen im Einzelnen, dem Art. 141 des Vollzugs-Einführungsges. zum deutschen Reichsstrafgesetzbuch 
entnommen, welcher seinerseits den Art. 14 des Einf.-Ges. zu den Strafgesebüchern von 1861 
wiedergibt, während im Uebrigen die im Wesentlichen den Art. 38—52 des Einf.-Ges. von 1861 
Busprechenden Bestimmungen dieses Gesetzes über die Untersuchungshaft Art. 133 ss. durch die 
R.-St.-P.-O. ihre Geltung verloren haben. Diese Bestimmungen in Art. 102 des Ausf.-Ges. sollen 
gleich denen der R.-St.-P.-O. auf die vorläufige Festnahme von Personen bei strafbarer Zuwider- 
handlung gegen die Zollgesetze und bei Verfehlungen gegen die Vorschriften über die Besteuerung 
des Salzes und Rüberzuckers sowie über die Erhebung von Uebergangsabgaben Anwendung finden; 
ogI. Art. 88 Abs. 6 und 96 des erwähnten Ausf.-Ges.; vgl. dazu Art. 87 Abs. 2. Besondere Be- 
stimmungen über die vorläufige Festnahme der auf srischer That Betretenen und die vorsorgliche 
Haft derselben in Forststrabhsachen enthalten das Forstgesetz vom 28. März 1852 in der 
Fassung von- 26. September 1879 (oben S. 25 Anm. 2.) Art 126 ff. uud das revidirte Forst- 
ra eseh 5 Pfalz in der auf - der 1rmächtigung in ert 69 des Ausf.-Ges. zur 
t.St.P.· O. verkündigten Fassung vom 2. Okt. 1879) G.= u. V.-Bl. 1417 ff.) Art. 51. Ueber 
Vorführung und 1nbabtung von Zeugen im sssd, Ve rahren vgl. Strafgesetzb. 
von 3 Th. 1 450, über Vorführung von Civilpersonen vor den Amtsrichter des Ortes 
zur 2 h Let ordnungswidrigen Benehmens vor dem Militäruntersuchungsrichter und über 
die Anorduung on Haft zur Erzwingung des Zeungnisses im Militärstrafverfahren vgl. 
Art. 111, 140 Abs. 2, 141 der Militärstrafgerichtsordnung in der den entsprechenden Be- 
rir nnlen. der R.-St.-P.-O· rrudde6R.-G.-V.-G. augepnßterthrssnngchAusLsGeLzurR.-St.-P.-O. 
Art. 80— 83 (vgl. oben S. 50 Anm. 3.) 
2) Die vorläufige Entlassung wie der Widerruf derselben erfolgt durch das Justizmini- 
sterium oder ourch das Kriegsministerium, je nachdem es sich um einen von einem bürgerlichen 
Strafgerichte oder von einem Militärgerichte verurtheilten Gefangenen handelt. Minist.-Bekannim. 
vom 1. Jan. 1872 (R.-B. S. 43 ff.) 55 5—7, 
3) Von der Verwendung zu benesahahioen Arbeiten, zu welcher den ihr über- 
wiesenen Personen gegenüber nach § 362 des Strafgeseb. die Landespolizeibehörde gleichfalls befugt 
ist, wird bis jetzt in Bayern kein Gebrauch gemacht. M.E. vom 15. Jan. 1872 (Justizministerialbl. 
S. 47 ff.) Ziff. VIII. Auch soll die Unterbringung in ein rbeitshaus, nach dieser M.-E. Ziff. X 
und der vom 9. Dez. 1878 (Amtsbl. d. Min. d. Innern S. 413 ff.) nur bayerische Staats- 
angehörige treffen, Ausländer sollen in solchem Falle stets (nach Strafgesezb. § 362 Abf. 3), 
nicht-bayerische Reichsangehörige, sofern es gesetzlich zulässig ist, (etwa nach § 3 des Freizügigkeitsges.) 
aus dem bayer. Staatsgebiet ausgewiesen werden. Vgl. Reger in den Bl. f. adm. Praxis 29 
S. 49 ff. und dessen Schrift: die in Bayern geltende allgem. Polizeistrafgesetzgebung. Ansb. 1880. 
S. 59 ff. Krais, Handb. II. S. 14 ff. 
4) Zuständig ist in diesem 34u. die Distriktspollzeibehörd. der Feimath der betr. Person, 
in München die Polizeidirektion. V.-O. vom 4. Jan. 1872 (R.-B. 5 ff.) § 2 
 
	        
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