Full text: Geschichte und Geographie des Königreichs Bayern.

schied der Pfalzgraf. Wer nicht persönlich Heerdienst leisten konnte, 
mußte Heersteuer zahlen. Jene, welche zu Pferd Kriegsdienst übten, 
erhielten den Namen „Ritter“. In den Klöstern herrschte reger 
Fleiß. Die Mönche stellten zierliche Abschriften der h. Schrift und 
anderer Werke her, um die nötigen Bücher zu schaffen. Welchen 
Wert diese damals hatten, läßt sich daraus ersehen, daß eine Bibel 
vor Erfindung der Buchdruckerkunst etwa 2000 M. nach unserem Geld 
kostete. Im Kloster zu Tegernsee wurde die Glasmalerei — eine 
bayrische Erfindung v. J. 1000 — besonders gepflegt. Wohl- 
gebaute Landstraßen (von München nach Augsburg, Regensburg, 
Innsbruck) begünstigten Handel und Verkehr; Donau, Isar, Inn 
und Salzach wurden zur Schiff= und Floßfahrt benützt. Die Juden 
erfuhren nach den Karolingern eine Beschränkung ihrer Rechte und 
durften nur mehr gegen Schutzgeld Handel treiben. Der „Juden- 
schutz“ war eine reiche, von den Fürsten und Bischöfen eifrig gesuchte 
Einnahmeguelle. 
B. Mittlere Geschichte. 
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Herzog Otto I. von Wittelsbach war dem Kaiser Friedrich 
Barbarossa stets ein treuer Freund gewesen und hatte ihn auf allen 
seinen Römerzügen begleitet. Als dieser 1155 mit einer auserlesenen 
Mannschaft auf dem Rückwege durchs Etschthal zog, drohte ihm und dem 
Heere Tod und Verderben. Bei einem Engpaß erhob sich eine steile 
Felsenburg, die ein Edler von Verona mit 500 Raubgesellen besetzt 
hielt, verlangend, daß sich jeder Ritter mit Pferd und Harnisch den 
Durchgang erkaufe. Des Kaisers Aufforderung um friedlichen Durch- 
zug wurde mit Hohnreden, Steinwürfen und herabgerollten Fels- 
stücken beantwortet. Da nahm der Reichsbannerträger Otto 200 
tapfere Männer und drang auf mühsamen Umwegen an der Rückseite 
der Felswand hinan. Über der Felsenburg ragte eine Höhe steil em- 
por, die von hinten durch Berg und Wald gedeckt war und für un- 
einnehmbar galt. Jedoch die Kühnen schreckte nichts! Einer stellte 
sich auf die Schultern des andern, aus Lanzen wurden Leitern ge- 
fertigt, es wurden Stufen eingehauen und endlich erreichte man den 
Gipfel: die kaiserliche Fahne wurde aufgepflanzt und Freudengeschrei 
erhob sich in der Höhe wie in der Tiefe. Nach einem furchtbaren Kampfe 
fielen die Eingeschlossenen unter dem Schwerte der Tapferen, wurden 
aufgehängt, oder in die Tiefe gestürzt. Alle kamen um, nur einem schenkte 
der Kaiser das Leben. So hatte der treue und tapfere Wittelsbacher 
dem Kaiser und dem Reichsheere Leben und Ehre gerettet, und zum 
Dank für diese Heldenthat, wie für die übrigen vielen treuen Dienste, 
erhielt er Bayern als Herzogtum (1180), während sein Bruder — 
Otto der Jüngere — mit der Pfalzgrafschaft belehnt wurde. Unser 
 
	        
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