27 Die Geschäftsformen der Landstände. Der landständische Ausschuß. 91
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4. Besondere Bestimmungen gelten für folgende Gegenstände:
a) Gesetzentwürfe, die aus der Mitte der Kammer hervorgehen, müssen mit
einer Begründung versehen sein und müssen in der ersten Kammer drei, in der zweiten
Kammer zehn Unterschriften von Mitgliedern tragen 1).
b) Anträge und Interpellationen müssen schriftlich eingebracht und von drei
Ständegliedern unterzeichnet sein. Interpellationen werden der Regie-
rung in Abschrift mit der Anfrage mitgeteilt, ob und wann die Beantwortung in öffent-
licher Sitzung erfolgen werde. An die Beantwortung, der eine mündliche Begründung
durch den Interpellanten vorausgehen muß, kann sich eine sofortige Besprechung
anschließen. Die Stellung von Anträgen ist dabei nicht erlaubt, es bleibt jedoch eine
weitere Behandlung der erhobenen Anfrage in der Form eines selbständigen Antrages
vorbehalten 2).
c) Die von Außen an die Kammer gelangenden Bittschriften (Petitionen)
gehen alle an die Petitionskommission, soweit sie nicht Gegenstände betreffen, für die
andere Kommissionen zuständig sind. Die Petitionskommission hat über jedes ihr zu-
gewiesene Gesuch, — anonyme und ungeeignete ausgenommen, — Bericht zu
erstatten. Die Kammer entscheidet dann, ob die Bitte auf sich beruhen oder der Re-
gierung zur Kenntnisnahme oder mit Empfehlung überwiesen, oder endlich ob der
vorgetragene Gegenstand als Gesetzesvorschlag oder Beschwerde behandelt werden soll.
5. Alle, nicht durch die Verfassung festgelegten 3), Formen können bei außerordent-
lichen und dringenden Fällen in jeder geeigneten Weise abgekürzt werden.
6. Die über die Verhandlung der Kammern geführten Protokolle werden nach
Stenogramm gedruckt und veröffentlicht "), die Protokolle über geheime Sitzungen
nur insoweit sie von der Kammer zur Veröffentlichung geeignet befunden werden.
7. Der Verkehr der Kammern mit dem Großherzog oder untereinander geschieht
durch Vermittelung des Präsidenten. Ueber die Nichtannahme eines Gesetzesvor-
schlages erfolgt an das Staatsministerium keine Mitteilung. Die von beiden Kammern
angenommenen Gesetzesvorschläge werden dem Staatsministerium von derjenigen
Kammer übergeben, welcher der Entwurf zuerst vorgelegt worden war. Alle Gesetzes-
vorschläge, Gesuche, Vorstellungen und Beschwerden, die gutgeheißen sind, werden
vom Präsidenten und den Sekretären unterzeichnet unter Erwähnung der Zustim-
mung der anderen Kammer, wo solches erforderlich ist 5).
§+#27. Der landständische Ausschuß. Zur Wahrung der Kompetenzen der Stände
in der Zeit, in welcher dieselben nicht „versammelt"“ sind, ist vor dem Schlusse des
Landtages und ebenso vor jeder Vertagung desselben ein besonderer landständischer
Ausschuß zu bilden, der aus dem Präsidenten der ersten Kammer, aus drei Mitgliedern
1) I. K. § 40; II. K. 44.
2) . K. # u. ff.; II. K. § 45 u. ff. In der I. K. wird eine Mehrzahl von Unterschriften nur
für die Anträgc auf Erlassung eines Gesetzes gefordert. Die Gesch. Ordnungen verwenden hierfür
immer noch den fremdländischen Ausdruck „Motion“.
3) Die Gesch. Ordnungen (I. J 66: II. 76) denken augenscheinlich nur an diese Formen. Zur
Abkürzung wird Zustimmung der Regierungsvertreter verlangt.
4) Geschieht seit 1902 in einer Sonderbeilage der Karlsruher Zeitung. Auch die einzelnen
Entwürfe und nm“ pflegen regelmäßig den Druck übergeben zu werden. I. K. § 67 u. ff.;
II. K. § 77 u. ff.
5) I. K. 3§ 80 u. ff.; II. K. § 90 u. ff. Die betr. Mitteilung der anderen Kammer wird beigelegt.