92 Die Organisation. Die Landstände.
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derselben und aus sechs Mitgliedern der zweiten Kammer besteht. Die Wahl der
Mitglieder erfolgt durch relative Stimmenmehrheit. Der Ausschuß bleibt im Amte
bis zum nächsten Zusammentritt der Stände; er verliert sein Mandat mit der Auf-
lösung des Landtages 1).
Die Zuständigkeit des Ausschusses erstreckt sich nur auf wenige
genau bestimmte Gegenstände, die durch die Verf.-Urk. oder durch die Verfassung
ergänzende Gesetze ihm zur Behandlung übertragen, oder vom letzten Landtag mit
Genehmigung des Großherzogs an ihn gewiesen sind 2).
Durch verfassungsgesetzliche Bestimmungen ist der Ausschuß berufen: zur
Entscheidung über die Aufnahme von Geldern, die durch ein außerordentliches, un-
vorhergesehenes, dringendes Staatsbedürfnis, dessen Betrag mit den Kosten einer
außerordentlichen Versammlung der Stände nicht im Verhältnis steht, nötig wird :);
zur Mitwirkung bei gewissen Maßnahmen der Amortisations= und der Eisenbahn-
schuldentilgungskasse 1), sowie
zur Prüfung der Rechnungen dieser Kassen und der Rechnung über den Domänen=
grundstock 5). .
Die Einberufung des landständischen Ausschusses erfolgt zum Zwecke der
erwähnten Rechnungsprüfung im ersten Halbjahr nach Schluß eines jeden Rechnungs-
jahres; ist dann der Landtag versammelt, so innerhalb sechs Wochen nach seinem
Auseinandergehen. Außerdem kann die Einberufung je nach Bedarf geschehen ).
Zur Beschlußfähigkeit des Ständischen Ausschusses gehört, daß neben dem Vor-
sitzenden?') zwei Mitglieder der ersten und vier Mitglieder der zweiten Kammer
erschienen sind. Die einzelnen Beschlüsse werden mit absoluter Stimmenmehrheit
gefaßt, die Stimme des Präsidenten gibt den Ausschlag. Für die Gültigkeit der Zu-
stimmung zur Aenderung des Zinsfußes der Staats= oder Eisenbahnschuld oder zu
einem Anlehen ist notwendig, daß sich mindestens fünf Ausschußmitglieder dafür
erklären 3).
Zwischen dem Ständischen Ausschuß und den Ständen selber findet kein direkter
Verkehr statt. Der Ausschuß steht in geschäftlicher Verbindung nur mit dem Staats-
ministerium und dessen Kommissären.
1) Verf. Urk. § 51 Abs. 2.
2) Vgl. zum folgenden die Abhandlung von Lewald in Zeitschr. 1908 S. 1 („Administrativ-
kredite und landständischer Ausschuß").
3) Verf. Urk. §& 57 Abs. 2. Nach Art. 12 f. des Amortis. Kass. Ges. v. 31. Dez. 1831 (Reg. Bl.
S. 21) ist dieser Fall gegeben bei Aufnahme von Anlehen bis zu 500 000 fl. = 857 142 Mark.
4) Amorts. K G. Art. 11 ff., Eisenb. Schuld. Tilg. K Ges. v. 10. Sept. 1842 (Reg. Bl. S. 241) Art. 5.
5) Amort. K G. Art. 4 u. 6; Eisenb. SchTG. Art. 5. Vgl. Glocknera. a. O. S. 294 (zu Art. 6
Amort. Kass. Ges.) u. 368 (zu Art. 34 Etatges.). Die Mitwirkung des Ausschusses bei Kriegsanlehen
und bei dem Ausschreiben von Kriegssteuern (Verf. Urk. § 63) ist im Hinblick auf RVerf. 5J#62 Abs. 3
und die bad. Mil. Konvention mit Preußen vom 25. Nov. 1870 gegenstandslos geworden. Bgl.
Glockner a. a. O. S. 141.
6) Art. 4 Amort. K G., Art. 5 Eis. SchTKBG.
7) Dem Präsidenten in der I. K., oder seinem Stellvertreter in der Kammer (Vizepräsidenten).
8) Art. 17 Amort. K Ges.