94 Die Organisation. Die Behörden. 8 29
Der Verkehr der einzelnen Minister mit dem Landesherrn sollte jedoch nicht
direkt, sondern nur durch Vermittelung eines zu gleicher Zeit im Interesse der Einheit
in der Führung der Staatsverwaltung neu errichteten Kabinettsrates stattfinden.
In diesem Rate führte der Großherzog in Person und bei seiner Verhinderung ein
besonders ernannter Kabinettsminister den Vorsitz. Die Mitglieder des Kabinetts-
rates, die den Titel eines Staatsrates erhielten, brauchten nicht die Stellung eines
Ministers einzunehmen. Dem Kabinettsrate wurden zugleich diejenigen Staats-
geschäfte zur unmittelbaren Verwaltung übertragen, welche sich auf die Person des
Staatsoberhauptes und auf das Großherz. Haus bezogen. Da der Kabinettsrat in
den Fällen, in denen er in Abwesenheit des Großherzoges tagte, Majoritätsbe-
schlüsse fassen und den Ministerien entsprechende Anweisungen erteilen konnte,
so war hinsichtlich der Minister das der neuen Organisation wie erwähnt, als Aus-
gangspunkt zugrunde liegende Prinzip nicht in vollem Umfang gewahrt. Der Ka-
binettsrat erhielt denn auch die Bezeichnung „höchste Staatsbehörde"“. Als eine wei-
tere Zentralstelle wurde durch die erwähnte VO. die Bildung eines Staatsrates
vorgesehen.
Das Organisations-Edikt vom 26. Nov. 1809 1) hob den Kabinettsrat und den
Staatsrat wieder auf und setzte an ihre Stelle, ebenfalls wieder unter der Bezeich-
nung der „höchsten Staatsbehörde“ die sogenannte Ministerial-Konferenz,
„in welcher die wichtigsten Gegenstände der Staatsverwaltung zur Beratung ge-
bracht werden sollen". Den Vorsitz in derselben führte der zu den Departements-
ministern hinzutretende Kabinettsminister, der jede Konferenzangelegenheit von
sich aus direkt an den Großherzog bringen konnte.
Nicht einmal zwei Jahre darnach, durch Ldh. V O. vom 21. Sept. 1811 2) wurde
die Minist.-Konferenz schon fallen gelassen und an ihre Stelle wiederum ein Staats-
rat gesetzt, der bei Aenderungen der Staatsverfassung, Gesetzgebungsangelegen-
heiten, sowie in den ihm besonders zugewiesenen Sachen sich gutächtlich zu äußern
hatte, während die übrigen Gegenstände, die bisher von der Minist.-Konferenz be-
handelt worden waren, alle direkt dem Geheimen Kabinett zur Vorlage gebracht
werden sollten.
Durch die Ldh. VO. v. 15. Juli 1817 3) wurde der neu begründete Staatsrat aber-
mals beseitigt, ebenso wurden die Vorträge im Geheimen Kabinett eingestellt und
bestimmt, daß alle früher an die Geheimen Kabinettsräte zum Vortrage gewiesenen
Gegenstände direkt dem Großherzoge „von dem gesamten Staatsministe-
rium vorgetragen und dort ausgefertigt werden sollten“. Das Staatsministerium
wurde gebildet aus den Departementsministern oder den dirigierenden Departe-
ments-Vorstehern, einem zum Geheimen Kabinett gehörenden Staatssekretär und
aus besonders berufenen Räten, denen der Großherzog „Sitz und Stimme'“ im Staats-
ministerium verliehen.
Das Staatsministerium sollte sich wöchentlich zweimal unter dem Vorsitze des
1) Reg. Bl. Nr. 49 u. ff.
2) Reg. Bl. S. 107.
3) Reg. Bl. S. 65. An die angeführte V O. schloß sich eine unterm 6. Aug. gl. Jahres (Reg. Bl.
S. 73) erlassene Geschäftsordnung an, der am 15. und 29. April 1819 (Reg. Bl. S. 71 u. 92) zwei
weitere Verordnungen folgten.