8 29 Die Organisation der Ministerien. 99
versicherung, Armenwesen, Landwirtschaft, Landeskultur, Viehzucht, Fischerei, Jagd,
Forstpolizei und Bergbau; Industrie, Gewerbe und Handel; Straßen= und Wasser-
wesen;: Landesvermessung, statistische Erhebungen und Archivwesen, Aufsicht über
die Kommunalverbände und sonstige Selbstverwaltungskörper, Aufsicht über die
Verwaltungsrechtspflege.
d) Dem Ministerium der Finanze n# ist zugewiesen die oberste Lei-
tung der Staats-, Domänen-, Salinen-, Steuer- und Zollverwaltung, die unmittel-
bare Leitung des Münzwesens, der Staatsschuldenverwaltung und Hauptkassenver-
waltung sowie des staatlichen Hochbauwesens. Es bearbeitet die auf die Beamtenge-
setzgebung bezüglichen Angelegenheiten, führt die oberste Aufsicht über das Pensions-
wesen sowie über den gesamten Staatshaushalt und hat in wichtigeren Angelegenheiten
der Staatsfürsorge für Landwirtschaft, Gewerbe und Handel mitzuwirken. Es hat
neben den in das Finanzwesen einschlagenden Gesetzesentwürfen vor allem die zur
Vorlage an die Stände bestimmten Rechnungsnachweise und Voranschläge zu be-
arbeiten und bildet für Begnadigungsgesuche in Steuer= und Zollstrafsachen, sofern
der Nachlaß den Betrag von 300 Mark nicht übersteigt, ebenso hinsichtlich der Nachlässe
von Hoheitsabgaben bis zun Betrage von 1000 Mark die entscheidende Behörde 1).
Bei der Leitung des staatlichen Hochbauwesens tritt ihm in wichtigeren Fällen
eine besondere Ministerialkommission für das Hochbauwesen zur Seite, die aus einer
Anzahl von Architekten besteht, welche vom Großherzoge auf je fünf Jahre ernannt
werden und ihr Amt als Ehrenamt führen 2).
2. Die Verfassung der Ministerien.
Die Einzelministerien setzen sich zusammen: aus einem Vorsteher, der nunmehr
wieder regelmäßig den Titel eines Ministers führt 3) und aus einer Mehrzahl von vor-
tragenden Räten und Hilfsreferenten. Dazu kommt das erforderliche Kanzleipersonal.
Aus der Reihe der Ministerialräte besitzt mindestens einer die Befugnis, den Vorstand
in seiner Abwesenheit, soweit die laufenden Dienstgeschäfte in Betracht kommen,
als vorsitzender Rat zu vertreten, ohne jedoch an der den Vorstand allein tref-
senden besonderen Ministerverantwortlichkeit teilzunehmen. Er erhält dann die
Bezeichnung Ministerialdirektor.
Die Behandlung der einzelnen Geschäfte der Ministerien wird, was die äußeren
Formen angeht, immer noch in der Art und Weise vorgenommen, die seiner Zeit vom
Org.Ed. des Jahres 1809 vorgeschrieben worden war. Die Entschließungen ergehen,
jedenfalls soweit es sich um wichtigere Maßnahmen handelt, in der Regel auf Grund
vorheriger kollegialer Beratung, und alle Ausfertigungen zeigen die Form eines Beschlus-
ses des „Ministeriums“, nicht die einer Verfügung des Ministers. Der Sache nach liegt
aber die Entscheidung, von einzelnen besonderen Fällen abgesehen, bei denen das
Ministerium kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung sich als ein rechtsprechendes
1) Etat Ges. Art. 37; Ldh. VO. v. 21. Juni 1861 (Reg. Bl. S. 203). V O. v. 25. Okt. 1879
(G.u. BVOl. S. 789).
2) Ldh. VO. v. 29. Nov. 1902 (G.u. VOBl. S. 357). Durch dieselbe wurde die bis dahin be-
stehende Baudirektion aufgehoben.
3) Seit dem Erlaß der neuen Gehaltsordnung vom 12. August 1908. Vordem war, nachdem der
ursprüngliche Titel „Staatsminister“ in Wegfall gekommen wat, die an das Kollegialprinzip erinnernde
Bezeichnung Ministerialpräsident die übliche, während der Titel eines Ministers besonders ver-
liehen werden mußtce. Seine Beilegung war zugleich mit einer finanziellen Aufbesserung verknüpft.
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