Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

§ 31 Die staatsrechtliche Stellung der Minister. 103 
  
mäß verleiht auch das Beamtengesetz den Ministern das Recht, jederzeit ihre Versetzung 
in den einstweiligen Ruhestand verlangen zu können, wie es andererseits dem Monarchen 
ausdrücklich die Befugnis zuerkennt, eine solche Zuruhesetzung zu jedemm ihm geeignet er- 
scheinenden Zeitpunkte anzuordnen 1). Ebensowenig können gegenüber einem Mi- 
nister, da er „keiner vorgesetzten Behörde unterstellt“ ist, und bezügl. seiner keine be- 
sondere Anordnungen getroffen sind, wie dies z. B. bezüglich der ebenfals keiner 
anderen Behörde unterstehenden Mitglieder der Oberrechnungskammer geschehen, 
die im Beamtengesetze enthaltenen Vorschriften über die Dienstpolizei Anwendung 
finden 2). Für die Möglichkeit eines disziplinären Einschreitens besteht übrigens auch 
kein Bedürfnis, da der Minister, wie erwähnt, jederzeit in den vorläufigen Ruhestand 
versetzt werden und in Fällen schwererer Art von den Landständen zur Verantwortung 
gezogen werden kann. 
Andererseits entbehren die Minister aber auch, wenn sie wegen rechtswidriger 
Amtshandlungen von dritten Personen belangt werden, des rechtlichen Schutzmittels, 
das für die übrigen Beamten durch die im Gesetze vom 24. Februar 1880 vorgesehene 
Zulassung einer Vorentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes eingeführt ist, wo- 
gegen das im Art. 5 des AG. zum BGB. vorgeschriebene Eintreten des Staates für 
seine Beamten allerdings auch ihnen gegenüber Platz greift 3). 
Gegenüber den nicht als Minister anzusehenden stimmberechtigten Mitgliedern 
des Staatsministeriums, können, da sich deren Tätigkeit nur auf die Abgabe einer 
Meinungsäußerung beschränkt, die Vorschriften über die straf= und zivilrechtliche Be- 
amtenverfolgung kaum zur Anwendung kommen; hinsichtlich ihrer disziplinären Ver- 
folgung gilt das gleiche, wie bezüglich der eigentlichen Minister, da auch sie als Mit- 
glieder der obersten Staatsbehörde jederzeit in den vorläufigen Ruhestand versetzt 
werden, oder die Versetzung in denselben verlangen können, und da sie in gleicher Weise 
wie die Minister selbst der Verantwortlichkeit gegenüber den Landständen unterliegen /). 
Was diese letztere angeht, so können sich die Stände darauf beschränken, daß sie 
von dem ihnen durch § 67 Verf. Urk. eingeräumten Beschwerderecht Gebrauch machen, 
oder daß sie die Dienstführung der Minister auch ohne förmliche Beschwerdeerhebung 
einer Kritik unterziehen und ihrer Ansicht über die Handlungsweise der Minister durch 
Abstimmung einen deutlichen Ausdruck geben, der das Verbleiben jener im Amte we- 
sentlich erschwert, wenn auch ein Recht der Stände, auf diesem Wege einen Minister 
zum Rücktritt zu zwingen, in Baden nicht anerkannt ist. Sie sind aber nach Maßgabe 
ausdrücklicher Anordnung der Verf. Urk. auch befugt, wenn sie sich mit der Geltend- 
machung der rein politischen Verantwortlichkeit der Minister und übrigen Mitglieder 
des Staatsministeriums nicht begnügen wollen, diese Personen rechtlich zu belangen, 
durch Erhebung der Ministeranklage. 
Gestützt werden kann eine solche Anklage nicht allein auf Rechtsverletzungen, son- 
1) 5 32 Beamt. Ges. 
2) Gleiches galt auch nach dem vor dem Inkrafttreten des Beamtengesetzes geltenden Recht. 
Vgl. Ldtg. 1865/66 Prot. II. K. 6. Beil. H. S. 135. Vgl. die angef. Abhandlung in der Festschrift 
für Laband S. 326. 
3) Der Art. 9 des Ges. v. 24. Febr. 1880 läßt die Vorentscheidung nur zu „auf Verlangen des 
dem Beamten vorgesetzten Ministeriums“. Vgl. die angef. Abhandlung S. 326/27. 
4) Man hat diese Mitglieder daher auch als „Minister ohne Portefeuille“ bezeichnet, wenn 
ihnen auch das Recht der Gegenzeichnung nicht zukommt.
	        
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