8 34 Die Organe der streitigen Gerichtsbarkeit. 109
eingerichteten Appellationssenate. Bei den Kreis- und Hofgerichten wurden auch die
Schwurgerichte gebildet.
Oberstes Gericht war das seit der Begründung des Kurfürstentums bestehende
Oberhofgericht. Für jeden Gerichtshof waren ein Staatsanwalt und die erforderli-
chen Stellvertreter bestellt. Als besondere Gerichte fungierten die Handelsgerichte,
die Rheinschiffahrtsgerichte und die Gemeindegerichte.
Die Ueberleitung des alten in den am 1. Oktober 1879 eintretenden neuen Zu-
stand erfolgte durch das Ges. v. 3. März 1879, dem sich zwei bis zur Einführung des
neuen Beamtenrechts geltende besondere Gesetze über die Rechtsverhältnisse der
Richter und ihre Besoldungen anschlossen 1).
a) Als ordentliche Gerichte bestehen in Baden zur Zeit: ein Oberlan-
desgericht mit Sitz in Karlsruhe 2), acht Landgerichte und sechzig
Amtsgerichte. Die Sitze und Bezirke der Landgerichte konnten bis 1. Oktober
1884 im Wege der Verordnung bestimmt werden 8). Für spätere Veränderungen
wurde die Einhaltung der Gesetzesform vorgeschrieben 1). Die bezügl. Bestimmung
hins. der Amtsgerichte kann heute noch im Wege der Verordnung erfolgen.
Im Interesse des rechtsuchenden Publikums kann das Justizministerium die Ab-
haltung von regelmäßigen Gerichtstagen der Amtsgerichte außerhalb ihrer Sitze an-
ordnen 5).
Die Entscheidung der im § 70 Abs. 3 GVG. vorgesehenen Streitigkeiten ist, so-
weit dieselben auf dem Rechtswege verhandelt werden können, ohne Rücksicht auf den
Wert des Streitgegenstandes der ausschließlichen Zuständigkeit der Zivilkammern der
Landgerichte überweisen ?).
Die Schwurgerichte, welche bei fünf Landgerichten (Konstanz, Freiburg,
Offenburg, Karlsruhe und Mannheim) abgehalten werden, sind nach wie vor zu-
ständig für die mittels der Presse verübten Verbrechen und Vergehen ). Zum
Amte eines Schöffen oder Geschworenen sollen (als „höhere Verwaltungsbeamte“
GVG. 8§8 34 Abs. 2 und 85) die Vorstände und Mitglieder der Ministerien, des Ver-
waltungsgerichtshofes und der Oberrechnungskammer, sowie die Bezirksverwaltungs-
beamten nicht berufen werden 8). Die Vertrauensmänner für Bildung der Schöffen-
und Geschworenen-Listen wählt der Bezirksrat ?).
1) Ges. v. 3. März 1879 (G.u. VOl. S. 91). Gesetze v. 12. u. 20. Febr. 1879 (G.u. VO Bl.
S. 173—179).
2) Ges. v. 3. März 1879 8 7.
3) Vgl. VO. v. 23. April 1879 (G.u. VO Bl. S. 279) in der nach dem Inkrafttreten des BGB.
geltenden Fassung (neu veröffentl. mit Bekanntm. v. 30. Novemb. 1899 G.u. VO l. S. 592), welche
7 Langerichte schuf: in Konstanz, Waldshut, Freiburg, Offenburg, Karlsruhe, Mannheim und
Mosbach.
4) Ein solches Gesetz wurde unterm 17. März 1898 erlassen bei Bildung des Landgerichtes in
Heidelberg.
5) a. a. O. 8 2.
6) a. a. O. 3. Betrifft Ansprüche der Beamten gegen den Staat, und Forderungen, die gegen
den Staat wegen Verschuldung eines Beamten erhoben werden usw.
7) a. a. O. §6. ReG. zum GVG. F 6. Ausgenommen sind: die Fälle des § 184 RStB.,
ferner diejenigen Beleidigungen, die nicht unter § 196 u. 197 RStG#B. fallen, oder nur im Wege
ciner Privattlage verfolgt werden, sowie die Fälle der 88 18 u. 28 des RPG.
8) a. a. O. 84.
9) a. a. O. 85. Dazu Ldh. VO. vom 11. Zuli 1879 (G. u. VOBI. S. 325.)