8 34 Die Organe der streitigen Gerichtsbarkeit. 111
Dienste in der inneren Verwaltung derart geordnet, daß nach vollendeter Gymnasial-
bildung ein Studium von sieben Semestern, wovon mindestens drei auf einer deutschen
Hochschule verbracht sein müssen, und eine drei= und einhalbjährige Praktikantenzeit
verlangt wird (zwei und ein halbes Jahr bei den Justizbehörden, worunter vier Monate
bei einem Rechtsanwalt, und ein Jahr bei einer Verwaltungebehörde). Die auf der
Universität zu hörenden Vorlesungen sind genau vorgeschrieben; die erste Prüfung wird
nach Vollendung des Studiums durch das Justizministerium unter Zuzug von Kom-
missären der Minist. d. J. und der Finanzen, die zweite durch eine besondere von dem
Justizministerium unter Mitwirkung des Ministeriums des Innern, ernannten Kom-
mission abgenommen. Die bestandenen Rechtskandidaten werden zu Rechtspraktikan-
ten ernannt und damit in den staatlichen Dienst aufgenommen. Die bestandenen Prak-
tikanten erhalten die Bezeichnung Gerichts= oder Regierungsassessor 1).
e) Als reichsgesetzlich zugelassene besondere Gerichte (GVGes. §§P 13, 14)
bestehen in Baden:
a) Die Rheinschiffahrtsgerichte, die durch diejenigen Amtsgerichte
gebildet werden, deren Bezirk an den konventionellen Rhein, d. h. an die Strecke von
Basel abwärts angrenzen 2). Ihre Kompetenz bestimmt sich nach Art. 34 der revi-
dierten Rheinschiffahrtsakte vom 17. Okt. 1868. Darnach sind dieselben zuständig in
Strafsachen zur Untersuchung und Bestrafung aller Zuwiderhandlungen gegen die
schiffahrts= und strompolizeilichen Vorschriften, in Zivilsachen zur Entscheidung über
Klagen wegen gewisser mit der Rheinschiffahrt zusammenhängender Gebühren und
wegen der aus derselben sich ergebenden Beschädigungen. Gegen die Urteile der
Rheinschiffahrtsgerichte ist bei Gegenständen von mehr als 50 Frk. die Berufung
an das Landgericht Mannheim zugelassen, welches in Gemäßheit des Art. 38 rev. Rh.=
Sch.A. als das zuständige Obergericht bezeichnet ist 3), oder an die ducrch die Bevoll-
mächtigten der Uferregierungen gebildete Zentralkommission, die ihren Sitz ebenfalls
in Mannheim hat 4). Im übrigen bestimmt sich das Verfahren vor den Rheinsch. Ger.
nach der GVerf. und den Prozeßordnungen.
3) Die Gemeindegerichte. Bereits im II. Konst. Ed. v. 14. Juli 1807
anerkannt und neu geregelt durch ein Gesetz v. 19. April 18563) hat sich in Baden eine
nicht unbedeutende gerichtliche Tätigkeit der Gemeindevorsteher (der Bürgermeister)
erhalten, die nach Bestätigung der Gemeindegerichte durch die G Verf. im Ausf. G. zu
d. R JGes. v. 3. März 1879 und in den sich daran anschließenden Novellen vom 16. April
1886, vom 18. Juni 1899 und vom 21. Juli 1908 sowie durch ergänzende Verordnungs-
vorschriften einen sachgemäßen Ausbau erfuhren 8).
1) Ldh. VO. v. 15. Mai 1907 (G.u VOl. S. 183). Ueber die Beschäftigung und Disziplin
der Rechtspraktikanten u. Assessoren: V O. v. 20. Mai 1907 (G.u. VOl S. 191). Vgl. ferner die
Ldh. VO. v. 14. Mai 1908 (G.u. WOl. S. 113), welche die V O. vom 15. Mai 1907 wieder teilweise
abändert.
2) Rev. Rhöchiff. Akte § 33 ff. Bektm. des Min. des Großh. Hauses u. der ausw. Ang.
v. 3. Juni 1869 (G.u. VO#l. S. 183). Ldh. V . v. 24. Juni 1879 (G.u. VOnl. S. 313).
3) Rh ch A. F 37 f. Ldh. VO. § 1 Abs. 2.
4) Rh Sch A. F 43 f.
5) Vgl. II. Konst. Ed. §#§ 4 u. 5 (Reg. Bl. 1807 Nr. 26). Ges. v. 19. April 1856 (Reg. Bl. Nr. 16),
ferner die Abhandlung von Rich. Schmitt, Staatsverfassung und Gerichtsverfassung in der Fest-
schrift für Laband 1908 Bd. II S. 337.
6) Ges. v. 3. März 1879 §##§88 115 ff. Vgl. ferner G.u. VOBl. 1886 S. 141 u. 1899 S. 271; 1908
S. 329 und die eine „Dienstweisung“ enthaltende V O. v. 10. Mai 1886 (G.u. VOl. S. 231).