Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

114 Die Organisation. Die Behörden. § 35 
  
Mitwirkung bei Namensänderungen sind die Amtsgerichte nach wie vor zuständig 7). 
Für Nachlaßsachen sind grundsätzlich die Notariate als Nachlaßgericht be- 
stimmt, denen bei Anwendung der landesrechtlich vorgeschriebenen Sicherungs- 
maßregeln die örtliche Inventurbehörde, die unter der Bezeichnung Ortsgericht 
als Gemeindeamt organisiert ist, zur Seite steht. Dieselbeen Behörden sind ferner aus- 
schließlich zuständig für amtliche Inventaraufnahmen, ebenso bei 
öffentlich vorzunehmenden Versteigerungen beweglicher Sachen 2). Den No- 
taren obliegt auch ausschließlich die Aufnahme öffentlicher Urkundengs). 
Für die Vornahme von amtlichen Schätzungen sind besondere Schätzer 
aufgestellt. Bei Grundstücken kann von den Beteiligten eine neue Schätzung durch den 
Gemeinderat verlangt werden, der auch in Grundbuchsachen amtliche Schätzungen 
vorzunehmen hat!). 
Nach § 2 des Ausf. Ges. zur GrBO. v. 19. Juni 1899 5) haben die Notare ferner 
als Grundbuchsbeamte für die in einer jeden Gemeinde eingerichteten staat- 
lichen Grundbuchämter zu fungieren 69). In Gemeinden von mehr als 10 000 Einwoh- 
ner kann durch Gemeindebeschluß mit Genehmigung der Ministerien der Justiz und 
des Innern das Grundbuchamt als Gemeindeamt errichtet werden). 
Weiter sind durch das AG. zum Zw VG. und zur 8PO. vom 18. Juni 1899 die 
Notare auf Grund der im § 13 des ZwGes. gegebenen Ermächtigung, in Anlehnung 
an den früheren Rechtszustand, mit den im genannten Reichsgesetze dem Voll- 
streckun gsgerichte zugewiesenen Amtshandlungen betraut worden 8). 
Endlich haben die Notare als Vorsteher der Grundbuchämter die Feststellung 
der Verkehrssteuer ?) und als Verwalter der Erbschaftssteuerämter die Festsetzung der 
reichsrechtlichen Erbschafts= und Schenkungssteuer vorzunehmen 10). 
Hand in Hand mit der Erweiterung des Geschäftskreises der Notariate und mit 
der stärkeren Betonung ihres behördlichen Charakters wurde auch die beamtenrecht- 
liche Stellung der Notare einer Umgestaltung unterworfen. An die Stelle der früheren 
Gebührenbezüge ist die Gewährung eines festen Diensteinkommens in der Form von 
Gehalt und Wohnungsgeld getreten, und der gesamte Aufwand des Notariates wurde 
auf die Staatskasse übernommen, die andererseits aber auch grundsätzlich alle aus den 
Notariatsgeschäften sich ergebenden Gebühren erhält. Nur bezügl. der sogen. „wahl- 
freien Geschäfte"“ ist den Notaren ein Gebührenanteil geblieben, ebenso können sie für die 
1) RPG. # 5 ff. u. §§8 22 ff. vgl. oben S. 98 bes. Anm. 2. 
2) RPG. 8 16 ff; (* 21 in d. Fass. v. 13. Juli 1904 ; 45 ff. RP O. § 52 ff. (Ortsgerichte). 
3) Abgesehen von einzelnen Fällen und von der konkurrierenden Beglaubigungsbefugnis der 
Bürgermeister (RPG. § 34 ff.), der Grundbuchbeamten und der Grundbuchhilfsbeamten §§ 3, 
24 des Gr. AG. in der Fassung des Ges. vom 11. September 1908. 
4) RPWG. F7 48. Gr. BA. 31 ff. 
5) Vgl. hierzu die Ergänzungen des Ges. v. 8. Juli 1902 u. v. 13. Juli 1904 (Art. III). 
6) Als Hilfsbeamte der Notare fungieren in diesen Fällen die in den betreffenden einzelnen 
Gemeinden angestellten Ratschreiber. § 6 ff. des Ges. 
7) Ges. § 3. Solche Gemeindegrundbuchämter bestehen zur Zeit in zehn Städten. Ueber de- 
ren Recht zur Beglaubigung von Urkunden: & 3 Abs. 2 Gr G. Für die Pflichtverletzungen solcher 
Grundbuchbeamten haftet die Gemeinde & 3 a des angef. Gesetzes. 
8) §# des angef. Ges. (G. u. VO Bl. S. 267). 
9) Ges. v. 6. Mai 1899, §5 37 (G.u. VOll. S. 165). 
10) VO. v. 21. Juni 1906 (G.u. VOl. S. 124) 81.
	        
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