Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

116 Die Organisation. Die Behörden. § 37 
  
IV. Die Verwaltungsbehörden. 
§ 37. Allgemeines. Bei der großen Mannigfaltigkeit der staatlichen Verwaltungs- 
tätigkeit ist es unmöglich, wenn man sich nicht mit einer bloßen schematischen Auf- 
zählung begnügen will, die den einzelnen Ministerien unterstehenden Verwaltungs- 
behörden losgelöst von ihren Verwaltungsaufgaben zur Darstellung zu bringen. 
Dies gilt im Gegensatz zu einer Beschreibung der Justizbehörden für die hier in Be- 
tracht kommenden Stellen umsomehr, als ein großer Teil derselben im wesentlichen 
mit rein technischen Funktionen betraut ist. Es dürfte deshalb genügen, wenn hier 
zunächst nur die für die Organisation und die Tätigkeit der den Ministerien unter- 
stellten Behörden geltenden allgemeinen Grundsätze hervorgehoben werden unter 
besonderer Erwähnung derjenigen Behörden, denen ein allgemeinerer Wirkungszkreis 
zugewiesen ist. 
1. Was die Organisation der unter den Ministerien stehenden Verwaltungs- 
behörden angeht, so finden sich auch in Baden nebeneinander zwei Formen ausgebildet, 
Behörden mit kollegialischer und solche mit bureaukratischer Verfassung. 
Bei den ersteren, zu denen grundsätzlich alle Mittelstellen gehören, soll die von 
der betreffenden Behörde ausgehende staatliche Willensäußerung zustande kommen 
nach einem gegenseitigen Meinungsaustausch einer Mehrzahl von Personen, die zu 
gemeinsamer Arbeit in einem Kollegium vereint sind, dem eines der Mitglieder als 
Leiter (Direktor) vorsteht. Bei den letzteren erfließt die staatliche Willenserklärung 
aus dem alleinigen Entschluß einer Einzelperson. 
Jedoch gilt auch für die Verwaltungskollegien bereits seit dem Erlaß des Organ. 
Ediktes vom 26. Nov. 1809 der Grundsatz, daß der zu erhebenden Meinungsäußerung 
der Kollegialmitglieder eine rechtlich entscheidende Bedeutung nur zukommt, wenn 
dies ausdrücklich bestimmt ist 1)0. Im Zweifelsfalle entscheidet wie heute auch bei 
den Ministerien nicht die Mehrzahl der abgegebenen Stimmen der Mitglieder, sondern 
allein das Votum des vorsitzenden Direktors. Andererseits ist seit dem die ganze 
innere Verwaltung reformierenden Gesetze vom 5. Okt. 1863 für die grundsätzlich als 
Einzelbeamtung organisierten Bezirksverwaltungsbehörden, dem Verlangen nach 
Einführung der staatspolitischen Selbstverwaltung Rechnung tragend, vorgeschrieben, 
daß sie für gewisse Fälle sich durch Zuziehung besonderer ehrenamtlicher Elemente 
zu einer kollegialen (gemischten) Behörde zu erweitern haben. 
2. Die Verteilung der Gesamtheit der Staatsgeschäfte unter den einzelnen den 
Ministerien untergeordneten Verwaltungsstellen hat seit dem Bestehen des Groß- 
herzogtums mannigfache Wandlungen durchgemacht. Charakteristisch ist für diese Ent- 
wickelung das Bestreben, die in den Edikten des Jahres 1808 zunächst bei den obersten 
Behörden eingeführte Realteilung der Verwaltungstätigkeit in möglichst allgemeinem 
meinschaftshaft angeordnet werden. Analoge Grundsätze gelten für die Gefängnisstrafe, soweit es 
die Räumlichkeiten zulassen. Das erste Jahr soll jedoch immer in Einzelhaft verbüßt werden. Vgl. 
RöSt GB. F 22 und die unterm 8. Nov. 1897 im Reichsanzeiger (Nr. 263) veröffentlichte Vercin- 
barung unter den deutschen Bundesstaaten. Das Recht der Gefängnisbeamten zum Waffen- 
S ebrauchiiist durch ein unterm 2. Sept. 1908 erlassenes Gesetz näher geregelt worden (G.u. VOBl. 
504). 
1) Organ. Reskr. Beilage D Ziff. 3 u. Ziff. 8 u. Ldh. V O. v. 7. April 1813 (Reg. Bl. S. 57), 
welche die Fälle der kollegialen Entscheidung etwas vermehrte.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.