122 Die Organisation. Die Behörden. 8 39
kommissären, dem Verwaltungshofe oder dem Verwaltungsgerichtshofe durch besondere
Bestimmungen eine übergeordnete Amtsgewalt zugewiesen ist. Berührt der Ge-
schäftskreis der Bezirksämter Gebiete, die in oberer Instanz von anderen Ministerien
zu verwalten sind, so besteht ein Unterordnungsverhältnis auch gegenüber diesen.
Nur sind die betreffenden Stellen, was die Bezirksbeamten angeht, hinsichtlich der
Geltendmachung etwaiger disziplinärer Befugnisse insofern beschränkt, als die Ein-
leitung einer förmlichen dienstpolizeilichen Untersuchung gegen die genannten Be-
amten allein dem Ministerium des Innern zusteht 1).
Zur Beratung des Bezirksamtes in Fragen der Gesundheitspolizei sind demselben
beamtete Aerzte, die Bezirksärzte, zugewiesen, ebenso sind den Bezirksämtern als
staatliche Beamte die Bezirkstierärzte zur Verfügung gestellt 2).
2. Seit dem Inkrafttreten des Verwaltungsgesetzes vom 5. Oktober 1863 steht
dem Bezirksamte „zur Unterstützung bei der staatlichen Verwaltung“ ein Bezirks-
rat zur Seite, in welchem 6 bis 9, durch Kenntnisse, Tüchtigkeit und Gemeinsinn
ausgezeichnete, Bewohner des Amtsbezirkes berufen werden ?).
a) Die Berufung zum Bezirksrat erfolgt im Wege der Ernennung durch das
Ministerium des Innern auf Grund einer von der Kreisversammlung für jeden Amts-
bezirk des Kreises durch freie Wahl festgestellten Vorschlagsliste, welche dreimal soviel
Namen enthält, als Mitglieder ernannt werden sollen. In die Vorschlagsliste können
nur solche Personen ausgenommen werden, die männlichen Geschlechtes sind, die
badische Staatsangehörigkeit besitzen, seit mindestens einem Jahre im Bezirke ansässig
sind und das 25. Jahr zurückgelegt haben. Die Ernennung zum Bezirksrat erfolgt auf
vier Jahre; alle zwei Jahre scheidet die Hälfte der Mitglieder aus.
Die Mitglieder des Bezirksrates, die Bezirksräte, sind Ehrenbeamte. Sie erhalten
für ihre Mühewaltung keine Vergütung; nur den außerhalb des Amtssitzes Wohnenden
wird für die Teilnahme an den Sitzungen eine angemessene Entschädigung der Aus-
lagen gewährt 1). Unbegründete Ablehnung 5) der Ernennung zum Bezirksrat zieht eine
Geldstrafe von 50 bis 300 Mark nach sich, über deren Verhängung der Bezirksrat
selbst entscheidet.
b) Die Amtspflichten der Bezirksräte ergeben sich aus den ihnen übertragenen
Funktionen. Unentschuldigtes Ausbleiben aus den Sitzungen kann vom Bezirksrat
mit einer Geldstrafe bis zu 50 Mark geahndet werden.
Nach dem Gesetze vom 11. März 1884 sind die Mitglieder der Bezirksräte auch
außerhalb der Zeit, während der sie dienstlich tätig sind, einer allgemeinen Disziplinar=
gewalt unterstellt. Sie können nicht nur auf Antrag des Bezirksratskollegiums wegen
Willkürlichkeiten im Dienst, Dienstnachlässigkeit und Ungehorsam gegen zuständige
Verfügungen und Anordnungen der Staatsbehörden, wenn das öffentliche Interesse
es erfordert (§ 25 der GO.), sondern auch ohne solchen Antrag in dringenden Fällen
1) Vgl. die angef. V O. in 98§ 5 u. 10, § 19 Abs. 2 Verw. Ges. (in der Fassung des Ges. vom
14. Juni 1884). V0O. d. St M. v. 7. Aug. 1890 (G.u. VOl. S. 517).
2) Näheres hierüber siehe unten im Texte & 103.
3) Vgl. hierzu u. zum folgenden des Verw. Ges. §§5 2 ff. in der durch die Novelle vom 11. März
1884 (G.u. VO#l. S. 63) erhaltenen Fassung.
4) §& 3 Abs. 4 des Ges. §+ 2 der Vollz. VO.
5) Das Gesetz nennt als Ablehnungsgrund nur die bereits während vier Jahren eingenom-
mene Mitgliedschaft.